hh_albumAuf dem Albumcover posieren Hacke und de Picciotto als putziges Pärchen in mexikanischer Tracht, das sich scheinbar um 1930 in einem Fotostudio ablichten lässt, also just zu einer Zeit, als die durch diese Kleidung verkörperte Kultur durch Industrialisierung und beginnende Globalisierung zu verschwinden drohte. Und so hört sich die Musik auch an: Sie changiert zwischen Vaudeville – der Opener lädt latent bedrohlich in den Zirkus der Außenseiter und Freaks ein –, Kinderreimen, Countryeskem und klassischem Rock aus den 1970ern oder den Frühachzigern à la Nick Cave und Umfeld. Alles also völlig unzeitgemäße Musikkulturen, die heute höchstens als historisches Zitat oder eben als Referenzpunkte für Nostalgie zu hören sind.

Dass sich die beiden in ihrem neuen Projekt dem klassischen Songwriting und Stilen aus vergangenen Zeiten widmen, kommt weniger überraschend, als wenn Flying Lotus plötzlich zur Folkklampfe greifen würde. Beide sind Berliner Urgestein – auch wenn de Picciotto gebürtige US-Amerikanerin ist –, die durch die 1980er und 90er in der Stadt und durch die anglophone Musiktradition geprägt sind. Alexander Hacke, Gitarrist und Bassist der Einstürzenden Neubauten, ist in diversen Stilrichtungen zu Hause – von Theatermusik bis Industrial. De Picciotto, die unter anderem mit Gudrun Gut gearbeitet hat, probierte sich in verschiedenen künstlerischen Ausdrucksformen. Manchmal hat es etwas von John und Yokos „Double Fantasy“, wenn sich Hacke und de Picciotto im Gesang abwechseln, und auch der Stil mal weicher und subtiler oder herausfordernder wird.

So ergibt die durch persönliche Vorlieben geprägte Reise durch musikalisch Vergangenes ein nicht unbedingt kohärentes, aber dennoch reiches Album.

Text: Barbara Mürdter

Danielle de Picciotto & Alexander Hacke: Hitman’s Heel
Potomak/Indigo, VÖ: 19.02.