differentneeds-rahmen2Man kann ja von Wir sind Helden halten, was man mag. Aber die jüngsten Aktivitäten von Judith Holofernes sind doch ziemlich unterhaltsam bis gut.

Die Bild Zeitung fragte die Sängerin an, ob sie bei der nächsten Werbekampagne der Bild teilnehmen will. Man kennt die Plakate vielleicht aus Magazinen oder von Bushaltestellen und U-Bahnstationen: Unter anderem David Garret, Sido, Veronika Ferres, Thomas Gottschalk und Johannes B. Kerner werben für das Springer Blatt, mal mehr, mal weniger provokant. Das Lockmittel: Geld für einen guten Zweck. Im BildBlog (der kritisch die Bild-Zeitung beobachtet) ist der Brief der beauftragten Werbeagentur zu lesen. In dem steht unter anderem: „Das schöne an der Kampagne ist, dass sie einem guten Zweck zu Gute kommt. BILD spendet in Namen jedes Prominenten 10.000,- Euro an einen von Ihnen zu bestimmenden Zweck.“ Für Judith Holofernes nur „eine Brücke, eine wackelige, glitschige“. Keine, die sie betreten will jedenfalls.

Mit der deutlichen Absage („Ich glaub, es hackt.“), die umgehend zu zahlreichen Interviewanfragen geführt hat, scheint die Bild-Zeitung aber nicht klar zu kommen. Prompt veröffentlicht die Zeitung die Absage als Werbemittel an einer Stelle, die wohl niemand erwartet hätte. Und zwar in der – na? – in der taz! Montag war in der taz-Ausgabe die einseitige Werbeanzeige zu sehen. Untertitel: „BILD bedankt sich bei Judith Holofernes für ihre ehrliche und unentgeltliche Meinung.“ Offensichtlich kommt die Bild mit einer öffentlichen Zurückweisung nicht zurecht. Und (ungewollt) macht die Wir sind Helden-Frontfrau ja jetzt doch Werbung für das Boulevardblatt.

Gemeinsam mit der Anzeige veröffentlichte die taz aber auch ein Interview mit Judith Holofernes. Sie scheint da einen Nerv getroffen zu haben. Zwischenzeitlich war die Homepage von Wir sind Helden nicht mehr zu erreichen, Server zusammengebrochen. Ähnliches gilt für den bereits erwähnten BildBlog. Nicht weiter schlimm, Fans und Kritiker konnten auf Facebook ausweichen.

Für Judith war es eine Sache der „Herzenshygiene“ diesen Brief nicht heimlich, still und leise abzuschicken, sondern öffentlich. Sie wirft den werbenden Promis vor, sich für dümmer zu verkaufen, als sie vielleicht sind. Die Alternative scheint zu sein, entweder mit der Bild, oder gar nicht.

Auf die Frage, was sie denn von der Bild-Werbeanzeige in der taz halte, sagt Judith Holofernes: „Die Bild ist eine Macht, aber nicht mehr die Supermacht, die sie zu sein vorgibt. Ich schätze, die werden – wie auch ich – die vielen Antworten und Kommentare im Netz gelesen und gemerkt haben: Okay, da ist ein Großteil der Leute einfach entzückt. Nur ein paar wenige fürchten, die Bild könnte letztlich alles zu ihren Gunsten drehen – und diese Anzeige ist der Versuch, diese Annahme zu unterstreichen. Eine ziemlich zahnlose Dominanzgebärde. Interessant übrigens, dass sich die taz dafür zur Verfügung stellt. Ich glaube aber nicht, dass das aufgeht, dazu bewege ich mich zu weit außerhalb ihres Spielfelds. Ich bin jedenfalls sehr glücklich damit, das gemacht zu haben, und würde mich freuen, wenn andere das weitertragen.“

Wie die Anfrage der Bild und Judiths Reaktion an sich sorgt auch die Werbeanzeige in der taz für Diskussionsstoff. Sowohl die Leser_innebriefe in der taz, als auch das Netz zeigen vielfältige Reaktionen, zu lesen etwa auf den bereits verlinkten Seiten. Am Ende ist die gesamte Aktion aber wohl nützlich für alle Akteur_innen. Die Bild wirbt kostenlos mit Judith Holofernes, welche wiederum Öffentlichkeit bekommt, ihre Meinung zum Springerblatt zu äußern und die taz kassiert knapp 13.000 Euro für die Werbeanzeige und amüsiert mich als Leserin.

PS: Ja, ich habe mal eine Wir sind Helden CD aus dem fahrenden Auto meines besten Freundes geworfen.