Meine frühesten Game-Erinnerungen führen mich ins Jahr 1993, als ich einen Game Boy geschenkt bekam. Ich nehme an, das Game Girl war damals bereits vergriffen. Als Einstieg kauften mir meine Eltern diverse Mario-Spiele, da sie für gewaltfreie Games plädierten und damit einen gewissen Einfluss solcher virtuellen Konstrukte auf Kinder als gegeben ansahen. Nicht ahnend, auf welchen sexistischen Geschlechterstereotypen die ganzen Games basierten, waren sie über die Tatsache beruhigt, dass zumindest keine physische Gewalt integriert war. Ich möchte meinen Bloggingeintrag nicht zuletzt aus aufklärerischen Gründen der Figur der Prinzessin Peach widmen, welche mir damals und bis heute die verhassteste Figur dieser Games war (abgesehen von Daisy, die dasselbe Klischee in einem orangenfarbenen Kleid bedient).

Prinzessin Peachs erster Auftritt war im Super Mario Bros. In diesem Game wird sie von Bowser (Marios Erzfeind) gefangen gehalten und soll von Mario gerettet werden. Dieses Prinzip der stereotypen Konstruktion entspricht der sogenannten „Damsel in Distress“-Rolle, zu Deutsch dem Fräulein-in-Nöten-Konzept. In beinahe allen Mario-Games ist sie die zu rettende Frau, die der Hilfe eines männlichen Helden bedarf. Diese Thematik der Frau in Gefahr hat eine lange Tradition in der Weltliteratur, im Film sowie in der Kunst. Man denke nur an Märchen wie Rapunzel, Dornröschen oder Schneewittchen. Sie unterstreicht auf der einen Seite die weibliche Hilfsbedürftigkeit und bietet auf der anderen Seite eine grandiose Plattform für den männlichen Hauptprotagonisten, sich aufzublasen und damit ihren Mann durch die Rettung zu stehen.

In diesem Sinne findet eine doppelte Unterstreichung von geschlechtsspezifischen Stereotypen statt, wobei die Frau als schwache Figur der starken männlichen gegenüber gestellt wird. Diese ganze Thematik/Problematik ist also bereits in der Figurenkonstitution der Prinzessin Peach angelegt. Sie verkörpert die hübsche, blonde und schlanke Prinzessin im pinken Ballkleid, welche mit einer bemerkenswert hohen Stimme ausgestattet wurde und mit ihren roten Pumps jegliches Gelände beschreiten kann. Desweiteren besteht ihre Geheimwaffe, im Gegensatz zu allen anderen männlichen Charakteren, in ihren emotionalen Ausbrüchen, sowie ihrem sogenannten Gleitflug, bei dem sie ihren Rock hochhebt und dadurch herum schweben kann. Zum Tragen kommen diese weiblichen Eigenschaften beispielsweise beim Mario Kart, wobei gewichtigere, männliche Figuren wie Bowser, DK oder Wario sie unverhohlen rammen können, ohne dabei selbst Schaden zu nehmen.

Vorbildfunktion schwache Frau also? Auch wenn sich viele weibliche Gamer mit dieser Figur identifizieren, sei es aus Sozialisationsgründen oder weil es insgesamt gar nicht so viele weibliche Helden im Game-Universum gibt, scheint mir der Umgang mit dieser Protagonistin sehr unreflektiert. Schlussendlich kann dieses Videogame als das Spiegelbild einer immer noch auf Stereotypen basierenden Gesellschaft interpretiert werden, was meiner Meinung nach vielen wohlmeinenden Eltern bis heute nicht oder zumindest zu wenig bewusst ist – findet Daisy.