Vor Kurzem fuhr ich durch einen Bahnhof, als zwei (für Schweizer Verhältnisse) riesige Plakate meine Aufmerksamkeit weckten und ich mich beim Betrachten fragte, ob es nun wirklich immer noch nötig ist, Klischees für Werbung zu benutzen:

Nun, anscheinend zieht es. Sonst würden nicht immer noch so viele Unternehmen „klischierte“ (oder wie man das auch immer nennen mag) Werbung machen. Es gibt vielleicht Leute, denen es nicht auffällt, aber natürlich (im doppelten Sinne) ist es die Frau, die die Wäsche aufhängt (wobei ich mich frage, ob es tatsächlich Frauen gibt, die fürs Wäsche aufhängen hohe
Schuhe anziehen) und der Mann, der sich im Büro befindet. Die Diskussion über solche Werbungen, bei denen man dann grundsätzlich immer auf denselben Schluss kommt, ist für mich nicht mehr allzu interessant.

Allerdings ging mir dabei Folgendes durch den Kopf: Wohl die meisten könnten ein Argument dafür finden, dass die Werbung mit der Frau in der Waschküche sexistisch ist (wenn auch vielleicht in einem Rahmen, den viele noch nicht „verurteilen“ würden). Doch kann auch die Werbung mit dem Mann sexistisch sein? Ich meine: Kann Sexismus auf Männer bezogen sein?

In Unkenntnis darüber, wie abgenutzt diese Frage im feministischen Diskurs bereits ist, möchte ich folgende Gedanken festhalten:

Vor Kurzem habe ich einen Text gelesen, in dem ein_e Professor_in die Meinung vertritt, Sexismus sei keine „umkehrbare Relation“.Es könne also per definitionem keinen Sexismus gegen Männer geben.

Ich kann es nicht lassen und werfe einen Blick in den „grossen“ Duden. Der Sexismus: „Haltung, Grundeinstellung, die darin besteht, einen Menschen allein aufgrund seines Geschlechts zu benachteiligen: insbesondere diskriminierendes Verhalten gegenüber Frauen“. Diese Definition schliesst meiner Meinung nach also nicht aus, dass auch Männer Opfer von
Sexismus sein können. Nur lässt sich anschliessend damit nicht einfach argumentieren, dass beispielsweise die Darstellung eines Mannes im Büro – wo der Mann dem Klischee nach schliesslich hingehört – Männer in eine Rolle steckt, in der der Mann benachteiligt ist.

Diese Definition wieder beiseite lassend: Ich habe keine ausgereifte, eigene Meinung dazu, welche ich präsentieren kann. Doch geht es mir weniger darum, hier weitere mögliche Definitionen zu entwickeln, als die Überlegung aufzuzeigen, dass frau_man das Schlagwort Sexismus wohl wirkungsvoll für politische Anliegen seitens Frau einsetzten kann. Doch sollte frau_man sich
meiner Meinung nach dabei auch überlegen, dass es für die Anliegen der Frau auch nicht nur förderlich ist, ständig gegen frauenfeindliche Werbung zu kämpfen oder sich zumindest darüber auszulassen und nicht zu bedenken, dass es schlussendlich auch nicht förderlich ist, wenn frau_man den „Büro-Mann“ einfach unbeachtet lässt. Denn dieser kann damit unhinterfragt weiterexistieren und es bildet sich so die dicke Wand, die dann doch irgendwann kommt, nachdem frau_man vor dieser Wand gegen alle Frauen-Klischees angegangen ist.- Denn frau_man hat damit die ganzen Rollenbilder immer noch nicht vollständig durchbrochen.

Clélie