Da ich gerade keine Lust habe, mir einen Film anzuschauen, gebe ich „online spiele mädchen“ in eine bekannte Internetsuchmaschine ein. Prompt erscheint ein Link und ich finde mich auf der Website GirlsgoGames.de wieder. Diese strotzt nur so vor rosarot; die anderen Farben sind wahrscheinlich ausgegangen. Auf jeden Fall scheint es hier viel Auswahl für kostenlose Unterhaltungsspiele zu geben. Rechts sind die verschiedenen Sparten. Ich wähle „Beliebte Spiele“ und entscheide mich für ein Spiel mit dem Namen „Prom Preparation Makeover“. Zuerst wird eine 13-sekündige Werbung eingeblendet. Es wird für Umstandsmode und Babykleidung geworben, was mich doch ein wenig irritiert – schliesslich scheint das Zielpublikum dieser Seite Mädchen zwischen 11 und 14 zu sein.

Dann erscheint eine weibliche Comic Figur im Badezimmer. Blond, überdimensionale, blaue Augen und ziemlich unterernährt steht sie da; mit Badetuch und Turban bekleidet, und wartet darauf, von mir abgeschminkt zu werden. Damit ich ja nichts falsch mache, zeigt ein Pfeil auf die jeweiligen Fläschchen und Tiegelchen, deren Inhalt ich dieser Figur mit Hilfe von Pinseln ins Gesicht schmieren muss. Wässerchen, Maske mit Gurke, Augenabschminkmittel, Maske mit Rosenblätter – das scheint ja kein Ende nehmen zu wollen. Zum Schluss muss ich ihr noch die Augenbrauen zupfen und dann scheint das Spiel beendet. Langweilig.

Ich entscheide mich deshalb für ein weiteres Spiel der Kategorie „Beliebte Spiele“: Kaufsüchtig World. Nach einer Werbeanzeige für Nabelschnurblut kann ich zwischen drei weiblichen Figuren wählen, die alle auf einem Sockel stehen. Es stehen eine rothaarige, eine braunhaarige und eine dunkelhäutige Frau zur Auswahl. Allesamt sind sie noch dünner als die Figur im vorigen Spiel und präsentieren sich im knappen Bikini. Meine Figur ist die Rothaarige. Nun geht es ans Personalisieren. Nachdem ich die drei Felder ausgefüllt habe, steht fest: Sie heisst Agnes, ist 14 Jahre alt und von Sternzeichen Fische. Das Spiel sagt mir, dass ich heute 500 Dollar zur Verfügung habe und stellt mir die Aufgabe, ein Outfit mit einer Jeans zusammenzustellen. Gut, das kann ja wohl nicht so schwer sein. Ich laufe also durch die Strassen und kaufe ein. Obwohl ich selbstverständlich die obligate Jeans gekauft habe, gelingt es mir nicht, meine Figur anzuziehen und plötzlich scheint sie auch noch von selbst ihre Haarfarbe geändert zu haben. Ich bin mittlerweile pleite und gebe auf. Soll sie doch weiterhin im Bikini rumlaufen.

Ich versuche es deshalb mit einer neuen Spielekategorie: „Schöpferische Spiele“. Hört sich gut an und ich bin gerne kreativ. Ich wähle das erste aus; „Dial for Love“. Es folgt die unvermeidliche Werbung – allerdings geht es nun darum, wie der Computer schneller zum Laufen gebracht werden kann. Immerhin diesmal etwas Technisches … Also „Dial for love“. Es geht darum, welchen Freund ich anrufen soll. Ich muss eine Handyfarbe wählen und entscheide mich für schwarz. Danach folgt der Handyschmuck, damit mein Handy etwas „ganz Besonderes“ werden soll. Ich entscheide mich für einen Lollipop – die ganzen Bärchen und Herzchen sind mir doch etwas zu viel. Jetzt muss ich eine Nummer wählen. Wie kreativ! 007765. Mehr Zahlen geht nicht. Ich drücke die Taste zum Verbinden und dann erscheint ein Bildchen mit einer männlichen Figur im klassischen Gangsta-Style. Darunter steht: „Hip-Hop-Hendrick. Er ist ein Hip-Hop-Rebell und hat an dich gedacht, als er diese Reime schmiedete. Ohhh!“ Ooooooohhhh…. und das scheint’s dann auch gewesen zu sein. Eine neue Nummer kann ich erst morgen wieder anrufen; ausser ich melde mich an. Kostenlos natürlich. Will ich aber nicht und der Hendrick kann mir auch gestohlen bleiben.Ich wollte selbst schöpferisch sein und nicht als Inspiration für irgendjemanden herhalten.

Letzter Versuch: Kategorie „Abenteuer“. Etwas Nervenkitzel wäre nun doch angebracht; sonst schlafe ich vor lauter Langeweile vor dem Pc ein. Das Spiel heisst: „Küssen auf der Arbeit“. Meine Aufgabe ist es, vor dem Chef eine gute Figur zu machen und über seine Witze zu kichern und mich, sobald er sich vom Telefon abgelenkt umdreht, über den neben mir sitzenden Mitarbeiter herzumachen. Das erste Mal bin ich wohl zu offensiv. Der Chef erwischt mich prompt, läuft vor lauter Wut rot an und schmeisst mich raus. Ein gebrochenes Herz signalisiert game over. Das kann ich doch besser. Ich küsse mich beim zweiten Versuch bis zum Level 9 und schaffe es, bis Feierabend um 18 Uhr durchzuhalten, ohne dass mich der Chef erwischt. Spiel gewonnen und ich gehe mit einem zufriedenen Chef im Rücken und meiner Arbeitskollegin nach Hause.

Keine Ahnung, wo der geküsste Typ abgeblieben ist. Ist ja auch nicht so wichtig und ich habe mittlerweile echt genug von diesem roasfarbenen Hintergrund, den abgemagerten Frauenfiguren mit ihren grossen Augen und von Chefs, die meine ganze Aufmerksamkeit auf sich ziehen wollen. Und es reicht mir auch langsam mit dieser Umstandsmodenwerbung, und ich will auch nichts über die Vorteile von eingelagertem Nabelschnurblut wissen. Und ich frage mich immer noch, was den jungen Mädchen wohl durch den Kopf gehen mag, wenn sie diese Werbung sehen. Oder sind sie so sehr damit beschäftigt, Mitarbeiter zu küssen, einzukaufen und sich abzuschminken, dass sie das gar nicht wahrnehmen?

Zora