Die Babyabteilung von H&M ist bereits berüchtigt. Zwar werden in der Werbung für Erwachsene ab und zu mal Grenzen von Geschlecht und sexueller Identität angekratzt – vielleicht, um sich möglichst progressiv zu geben und um dafür von schlechten Arbeitsbedingungen in vielen Ländern abzulenken (was vom Behindern von gewerkschaftlicher Organisation reicht, wie hier beschrieben wird, bis hin zum Nutzen von Dumping-Peisen für Baumwolle, wie hier steht).

In der Abteilung für Kleinkinder und Säuglinge geht es jedoch meist strikt zweigeschlechtlich, stereotyp und genderkonform zu. Das wird schon in der räumlichen Aufteilung klar: Rechts die Mädchen und links die Jungs und dazwischen: Nichts. Das mit den zwei Seiten erschließt sich auf den ersten Blick, weil rechts alles rosa-pink-rot eingefärbt und und links alles blau-grün-braun. Das ist selbstverständlich nicht nur bei H&M so, aber die Bekleidungskette eignet sich schon wegen ihrer Verbreitung und der dort vertretenen Deutlichkeit der Geschlechtertrennung als gutes Beispiel. Zur Illustration ein Foto von ausgewählten Kleidungsstücken im schönsten Farbschema.

Junge oder Mädchen, äh, nein, umgekehrt. (Foto: Fuckermothers, Kinderabteilung H&M, 2012)
Junge oder Mädchen, äh, nein, umgekehrt. (Foto: Fuckermothers, Kinderabteilung H&M, 2012)

Diese geschlechtliche Farbcodierung scheint in den letzten Jahrzehnten immer stärker geworden zu sein. Existieren tut sie seit Ende des ersten Weltkrieges. Davor war die Zuordnung genau umgekehrt: Rosa war die Farbe für Jungen, weil sie als ‚kleines Rot‘ für Blut, Kraft und Kampfestum stand. Dahingegen gilt Blau und damit auch Hellblau im Christentum als Farbe der ‚Jungfrau Maria‘. Deswegen war es für Mädchen reserviert. In den zwanziger Jahren erfolgte eine farbliche Umcodierung: Aufgrund der blauen Farbe von Marineuniformen und Arbeitsanzügen wurde Blau nun mit Männlichkeit assoziiert. Die weiblichen Säuglinge bekamen als Kontrast den Farbton Rosa, der jetzt mit Liebe und Sanftheit verbunden wurde. Nachzulesen ist das alles noch genauer in diesem Artikel von Maria Kapeller in ‚Der Standard‘ (oder auch hier bei wikipedia).

My mom is stronger than your dad (Foto: Fuckermothers, Kinderabteilung H&M, 2012)

Etwas zum Denken brachte mich allerdings bei H&M dieser Strampelanzug mit dem Spruch ‚My mom is stronger than your dad‘, der rechts in der rosa Ecke hing. Ein Hoffnungsschimmer in Richtung Auflösung von Geschlechterklischees? Oder gerade eine Bestätigung solcher Klischees über den Weg der Ironisierung? Vielleicht auch einfach nur eine simple Marketingstrategie um Aufmerksamkeit über genau solche Überlegungen zu erlangen? Viele Fragen für ein bisschen sehr billige Baumwolle. Deswegen schließe ich mit einem ‚Ich weiß es auch nicht‘.