Ich habe einen neuen Job angefangen. Dort werde ich, nachdem ich ein halbes Jahr gearbeitet habe, in Elternzeit gehen. Und anschliessend in dem Job weiterarbeiten. Eigentlich keine grosse Sache. Viele Menschen arbeiten und haben Kinder. Ich bin aber eine Frau, deswegen scheint es dann doch eine grosse Sache zu sein.

Denn seitdem die Nachricht die Runde gemacht hat, werde ich von guten, fernen und entferntesten Bekannten immer mal wieder gefragt: „Wie – war Dir das schon klar, als Du die Stelle angefangen hast?“ „Wusstest Du schon beim Vorstellungsgespräch, dass Du schwanger bist?“ „Hast Du das Deinem Chef vorher gesagt?“ Oft wird die Frage überrascht gestellt. Manchmal eher beiläufig und in nüchtern-sachlichen Ton. Meistens aber leicht augenzwinkernd oder mit einem verschwörerischen Lächeln auf den Lippen – so, als würden wir beide gerade ein schmutziges Geheimnis teilen. Gern fragen das auch sich als links verstehende Personen in meinem Alter. Ich wundere mich dann immer, woher diese Frage kommt. Und wie ich reagieren soll.

Meist lächle ich und sage „Nein.“ An besonders schlechten Tagen fühle ich mich dabei trotzdem diffus schuldig. An anderen Tagen denke ich, dass ein „Nein“ schon viel zu viel der Antwort war. „Was-geht-Dich-das-Dich-verdammt-noch-mal-an“ und „Warum fragst Du das?“ wären wohl passender. Leider war ich immer zu langsam, um zurück zu fragen. Denn warum, um alles in der Welt, sollte man eine mögliche Schwangerschaft überhaupt im Vorstellungsgespräch erwähnen? Der einzige Grund, der mir einfällt, ist: um Arbeitgeber_innen so durchs Hintertürchen zu ermöglichen, irgendeine Ausrede zu finden, warum man den Job nun doch leider nicht haben kann weil sie, ‚äh, jetzt ganz plötzlich noch jemand passenderen gefunden haben, sorry‘. Sollte man davon ausgehen, dass es sich bei der_dem Chef_in um eine ethisch fragwürdige Person handelt? Dass es vollkommen in Ordnung ist, auf Grund einer Schwangerschaft zu diskriminiert zu werden? Dass man sogar dazu verpflichtet ist, alle Informationen zu liefern, um sich möglichst einfach benachteiligen zu lassen? Oder ist die Frage gar Ausdruck einer Art politischer Solidarität, weil wir gewohnt sind, in einer ungerechten Welt zu leben und man sich freut, wenn es dann doch mal jemandem gelingt, dem Arbeitgeber ein vermeintliches Schnippchen zu schlagen?

Dass bei Bewerbungen keine Informationen zu möglichen Schwangerschaften gegeben werden müssen, ist Ergebnis langer politischer und juristischer Kämpfe. Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts von 2003 ist die Frage nach einer Schwangerschaft in Bewerbungsgesprächen unzulässig (Az. 2 AZR 621/01). Wird sie trotzdem gestellt, dürfen Bewerber_innen dabei sogar per Gesetz die Unwahrheit sagen. Und das aus gutem Grund: Weil niemanden wegen seines Geschlechts diskriminiert werden sollte. Grundlage des Urteils bildete das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), genauer gesagt § 7 aus Absatz 1 des Gesetzes, nach dem keine Benachteiligung auf Grund von Kategorien wie Geschlecht, Religion oder sexueller Identität erfolgen darf. Soviel zum Recht. Alltag und persönliche Gespräche scheinen anderen Logiken zu folgen.

Jedenfalls hat ein Bekannter fast zur selben Zeit wie ich eine neue Stelle begonnen. Kürzlich haben wir rausgefunden, dass wir auch ungefähr zur gleichen Zeit in Elternzeit gehen werden. Ich habe ihn gefragt, ob ihm diese nervigen Fragen zum Vorstellungsgespräch auch gestellt werden – und wusste bereits währenddessen, wie absurd das ist. „Nein“, antwortete er. Warum auch.