Genauer gesagt: Respekt, Etikette und Unterstützung – drei Dinge, die ich mir im Alltag, also jeden Tag, nicht nur samstags oder unter Freund_innen, wünsche. Auf durchschnittlich drei respektlose Begegnungen, ganz gleich in welchem Umfeld, erfahre ich (bislang) eine angemessene, fast immer große Unsicherheit und/oder Vorurteile beim Gegenüber und zuweilen schlicht Hass. Und trotzdem bin ich überzeugt, und zwar jeden Tag: Das muss nicht sein, das lässt sich ändern. Aber was ist in diesem Zusammenhang überhaupt “un/angemessen”? Und wie sieht Unterstützung aus?

Ich kann und ich will nicht für alle Transmenschen sprechen – wir sind alle, eigentlich nicht so überraschend, Unikate und denken (auch) über Transthemen unterschiedlich – weshalb ich diesen Beitrag bewusst “Billys Trans-Basics” nenne.

Mich selbst hat vor Jahren u.a.

informiert, das mir ein Freund eines Tages zusteckte. Dieses Zine ist eine (deutschsprachige) Version von Micah Bazants “Trans Respect/Etiquette/Support 101”, an dem ich mich in diesem Beitrag orientiere.

Wenn Ihr konstruktive Kritik, Zustimmung, Verbesserungsvorschläge usw. habt, dann kommentiert oder macht ein eigenes (digitales) Zine.

Information

Heute wundere ich mich manchmal (und sage das immer häufiger auch laut), dass Menschen zwar so ziemlich alles im Netz oder in Bibliotheken zu suchen und zu finden scheinen, aber kaum jemand auf den Gedanken kommt, z.B. bei Wikipedia Wörter wie “transgender”oder “Transmann” usw. nachzuschlagen, wenn sie in ihrem Umfeld einen Transmenschen kennen oder vermuten. Wikipedia ist vieles, sicher nicht perfekt, und dennoch: eine Möglichkeit zum Start ins Thema.

Alles transgender, oder was?

Transgender ist ein Oberbegriff, so etwas wie ein “Regenschirm”-Begriff (engl., umbrella term), unter dem viele verschiedene Menschen Platz finden, für die das/die gelebte(n) Geschlecht(er) keine zwingende Folge des bei ihrer Geburt zugewiesenen Geschlechts ist/sind. “Transgender” umfasst u.a. Cross Dresser, (non-)operative Transsexuelle, Drag Queens & Drag Kings.

Je nach LebensSituation habe ich z.B. bisher für mich verwendet: Drag King (in der Zeit, in der ich auf der Bühne stand), Transsexueller (exklusiv für Gutachter und ÄrztInnen), Transmann, Transmensch, Frau (vor der Transition/ in Situationen, die gefährlich für mich waren/sind), Transgender, oder: Billy [sic!].

Respekt, Etikette und Unterstützung

Wie andere Formen der Unterdrückung – Rassismus, Homophobie, Sexismus, usw. – sind Dinge, die ich hier als unangemessen aufführe, uns allen ansozialisiert worden. Ich habe selbst einige Dinge auf dieser Liste schon einmal getan und alle sind mir selbst angetan worden. Uns wird beigebracht, transphob zu sein. Das zu verlernen, ist ein Prozess und eine Verantwortung.

Konsequenzen meiner Entscheidung

Noch nachdem ich bereits begonnen hatte, Testosteron zu nehmen, wurde ich gefragt, ob ich mir “sicher” sei. Oder ob ich nicht mal bei dieser christlichen Gruppe für Menschen mit “Gender-Problemen” vorbeischauen wolle. Oder ob ich “das” nicht bereuen würde, weil ich doch eine ach so tolle/hübsche/sexy Frau sei. Ich habe Jahre über diese Entscheidung nachgedacht, eben weil ich sie nicht mit einem Handtaschen- oder Autokauf verwechselte. Solche Fragen sind keine Unterstützung. Meiner Erfahrung nach, hatten oder haben alle diejenigen, die sich mit meiner Entscheidung unwohl fühl(t)en ein wie und warum auch immer geartetes (Geschlechter)Problem mit sich selbst. Selbst Wege oder einen Weg mit anderen Nicht-Transmenschen zu finden, daran zu arbeiten und zu wachsen, ist hier für mich angemessen.

Fetischisierung

Yes, it is oh so true! Ich bin sexy auf meine einzigartige Weise. Ich steh‘ allerdings nicht darauf, fetischisiert zu werden. Und es ist tatsächlich so, dass ich bemerke, wenn ich fetischisiert werde. Auch Bemerkungen wie “Ich liebe Transmänner, die sind weiblich sozialisiert und deshalb keine ‚richtigen Männer‘!” finde ich total daneben.

Ich habe nicht die geringste Ahnung, was einen “falschen” von einem “richtigen Mann” unterscheidet oder unterscheiden soll. Ich habe nicht den Eindruck gewinnen können, dass eine „weibliche“ Sozialisation per se “gut” oder “schlecht” ist. Für mich war sie bestenfalls seltsam und bedeutete meistens: die Hölle auf Erden.

Alter

Sei nicht überrascht, wenn Du mein Alter falsch einschätzt. Ich sah zeitweise aus wie 15, als ich damit anfing Testosteron zu nehmen. Ignoranz und/oder Herablassung seitens (vorgeblich) “Älterer” sind definitiv daneben.

Outing

Auch wenn’s mir nicht passt und ich’s mir anders wünsche – leider gibt es immer (wieder) Situationen, in denen es nicht sicher ist, sich zu outen. Das kann zum Beispiel sein: Arbeit, Vermieter/in, im Umgang mit PolizistInnen, im Netz, nachts an fröhlich randalierenden Gruppen vorbeigehen usw.

Ich muss dieses Terrain zur Zeit jeden Tag auf’s Neue ausloten, da mein passing (als das gewünschte Geschlecht wahrgenommen zu werden) noch nicht optimal zu sein scheint. Hier Tips zu geben à la “Du lächelst aber auch viel!” oder ähnliches ist vielleicht nett gemeint, nicht jeder Mann möchte aber als emotionsloser Steingesichtsklotz durch die Welt laufen (ich definitiv nicht), nur weil’s partout einem Männlichkeitsstereotyp entspricht.

Im Klartext: Mich zu outen (auch wenn ich selbst nicht dabei bin) kann mich, je nach Umfeld, den Job, eine Beziehung oder die körperliche Versehrtheit kosten.

Deshalb existiert das so genannte Offenbarungsverbot, eine kurze Erklärung dazu hier:

Eine […] rechtskräftige Entscheidung zur Namensänderung nach TSG [Transsexuellengesetz], wirkt zurück bis auf den Zeitpunkt der Geburt. Es besteht sogar, verankert im Gesetz TSG §5, ein ausdrückliches Offenbarungsverbot durch Behörden. Die früheren Namen müssen aus allen Akten so getilgt werden, dass sie nicht mehr ausforschbar sind. Entsprechend besteht dann auch ein gesetzlicher Anspruch, dass alle Zeugnisse und Bescheinigungen geändert werden.

Eine dufte Sache in diesem Zusammenhang ist auch, bevor Du mich outest, darüber nachzudenken, warum eigentlich, wann und wem gegenüber Du mich als trans outest bzw. outen willst. Machst Du das, um zu beweisen, wie “hip” und “offen” Du bist? Ist es tatsächlich notwendig, mich zu outen oder machst Du das aus Deinen eigenen Gründen?