Gin Wigmore: Gravel & Wine / Universal VÖ: 08.02.

Das große Problem der wirklich großen Produktionen: Authentizität? Sicherlich. Charme? Nicht immer. Eindeutigkeit, die einengt? Ja. Unter diesen Mechanismen leidet auch die neuseeländische Musikerin Gin Wigmore, deren zweites Album „Gravel & Wine“ nun auch in Deutschland erscheint. Wenn man die junge Frau so betrachtet, macht das eigentlich Spaß: Sie, die harte Rockerin, die den Alkohol schon im Namen trägt. Die Songtexte über den Teufel und ihr Außenseiterinnen-Dasein schreibt („Devil in Me“); ihre Anpassungsunwilligkeit besingt („Black Sheep“) und in schwülem Südstaaten-Flair eine von der Hitze gelähmte Swamp-Rock-Manie auslebt. Die Stimme, die in Umfang und Timbre an Adele erinnert, besticht. Gerade auch, weil sie sich eben weniger großmütterlich als die Britin gibt. Doch hier liegt nun die Crux: Wer sich verkaufen soll, muss eindeutig identifizierbar sein. Für die Zielgruppe. Das sind bei Adele Frauen, auch ältere. Und bei Wigmore eben Männer. Jeder Altersklasse, solange sie hetero sind. Zum bösen Namen wird im Pressetext gleich erklärt, dass er sich von Virginia ableite (ein bisschen hingebende Unschuld ist immer gut). Und die Rockerin gibt eben auch die sexy Rock-Bitch, die mit langen blonden Haaren, blauen Augen und Hot-Pants das Kindchen-Schema ebenso erfüllt wie das Draufgängerinnentum. Texte wie „you’re love is my poison, I’m drinking it down“ performt sie, ohne mit der Wimper zu zucken, aber mit umso mehr Augenaufschlag. Und zurück bleibt leider nur ein Gefühl, wie interessant diese Frau frei von derartigen Vermarktungsstrategien sein könnte und wie schön die Widersprüchlichkeit und Vielschichtigkeit von Independent-Produktionen ist.  Text: Rita Argauer