Dass Humor und Frauen nur dann zusammengehen, wenn in dumpfen Witzen über Frauen gewiehert wird, ist eine absurde Unterstellung, die leider bis heute in manch trübem Bierglas herumdümpelt. Da ist es erfreulich, dass das Bremer Paula-Modersohn-Becker Museum (das erste Museum weltweit übrigens, das einer Malerin gewidmet wurde) in einer Ausstellung breitflächig dem Komischen in der Kunst von Frauen nachspürt.
 

Birgit Jürgenssen, Ballonschuh (1976)

Der Titel „Gnadenlos – Künstlerinnen und das Komische“, der zunächst plakativ klingt, macht nach dem Betreten der Schau schnell Sinn. Dann nämlich, wenn man bzw. frau feststellt, dass das Lachen, das Künstlerinnen hier evozieren, oft im Hals stecken bleibt, wenn es um das Ausstellen stereotyper Rollenbilder, Arbeitsteilung oder schlicht sexistischer Diskriminierung geht. So sind hier immer wieder Insignien vermeintlich weiblicher Lebensbereiche zu sehen, die sich zu grotesken Infunktionalitäten morphen: Rosemarie Trockels abgeknickte Herdplatte, Birgit Jürgenssens Raubvogelschuhe oder ihre berühmte Küchenschürze, Mona Hatoums riesige Küchenreibe, Meret Oppenheims Bierglas mit Eichhörnchen-Henkel.

Die Auswahl der Künstlerinnen von Eleanor Antin über Valie Export, Sylvie Fleury, Guerilla Girls, Maria Lassnig, Yoko Ono, Martha Rosler bis zu Elaine Sturtevant u.v.a. liest und schaut sich wie eine beeindruckende Essenz eines feministischen Kunstkanons, der selten in einer solchen Konzentration vorgeführt wird. Auch die Präsentation in den Räumen des „verzauberten“ worpswedischen Museumsgebäudes aus rundgezwirbelten Backsteinformationen (wenn es etwas so Essentialistisches wie eine weibliche Architektur gäbe, würde ich sie mir genauso vorstellen) ist gelungen: nicht zu viel und nicht zu wenig.

Neben (Wieder-)Entdeckungen wie der Heidelbergerin Hanna Nagel (1907-1975), die mit ihren eigenwilligen 20er-Jahre-Zeichnungen wie eine frühe Chronistin queerer Frauenfiguren wirkt oder dem Treffen mit alten Bekannten (viele der Pieces kennt die kunstinteressierte Feministin) ist das Highlight vor allem das Screening dreier Kurzfilme der Filmpionierin Alice Guy-Blaché (1873-1968), die auch schon in Missy gewürdigt wurde.

In „Madame a des envies“ (1907) rennt ein Ehemann mit Kinderwagen seiner hochschwangeren Frau hinterher, die sich nacheinander den Lolli eines kleinen Mädches, den Absinth eines Zeitungslesers, den Speck eines Bettlers und dann noch die Pfeife eines Händlers unter den Nagel reißt – um dann, deart berauscht, ihr Baby in einer Sturzgeburt auf ein Kohlblatt hinauszuploppen. Die seltene Möglichkeit, diese Filme auf einer größeren Leinwand anzusehen, sollten alle, die Gelegenheit dazu haben, unbedingt wahrnehmen.


Gnadenlos – Künstlerinnen und das Komische

Paula Modersohn-Becker Museum, Böttcherstr. 6-10, 28195 Bremen

noch bis zum 09. Juni

www.pmbm.de