Kann Sex eine Dienstleistung sein? Stabilisiert Prostitution die bestehenden Geschlechterverhältnisse oder stellt sie sie auf den Kopf? Und warum hängen sich gerade FeministInnen so sehr an diesem Thema auf? Ein Gespräch mit drei ExpertInnen über Sex, Moral und Begehren.

(c) Melissa Jundt
Antje Schrupp (links), * 1964, Politikwissenschaftlerin. Bloggt und schreibt zu Feminismus, Philosophie, Religion und Begehren.

Interview: Chris Köver und Stefanie Lohaus

Seit Alice Schwarzer im vergangenen November einen „Appell gegen Prostitution“ in der „Emma“ veröffentlichte und darin – unterstützt von mittlerweile mehr als 10.000 teils prominenten MitzeichnerInnen – fordert, Prostitution „abzuschaffen“ und Freier zu ächten, kocht die Debatte um den Handel mit sexuellen Dienstleistungen wieder auf hoher Flamme in Deutschland.

„Das System Prostitution“ sei „Ausbeutung und zugleich Fortschreibung der traditionell gewachsenen Ungleichheit zwischen Männern und Frauen“, so steht darin. Es degradiere „Frauen zum käuflichen Geschlecht“, „überschatte die Gleichheit der Geschlechter“ und verletze „die Menschenwürde von Männern und Frauen – auch die der sogenannt „freiwilligen“ Prostituierten.“ „So genannt“ steht hier deswegen in Anführungszeichen, weil es Frauen, die freiwillig Sex gegen Geld bieten, offenbar nicht geben kann – oder zumindest liegt das außerhalb des Vorstellungshorizontes von Alice Schwarzer.

Aber zurück zum Appell. Das sind eine ganze Reihe interessanter Feststellungen. Die eine noch längere Reihe von Fragen aufwerfen.

Etwa: Wie genau trägt Prostitution zur Ungleichheit der Geschlechter bei? Ist sie die Ursache – wie die Emma es hier ausmacht – oder doch viel eher ein (weiterer) Ausdruck dieses Umstandes?

Oder diese: Inwiefern verletzt der Handel mit sexuellen Dienstleistungen denn die „Menschenwürde“ der Frauen und Männer, die daran beteiligt sind? Was für ein Bild von Sex liegt dem eigentlich zugrunde? Und was für ein Bild von den vermeintlich „richtigen“ oder „falschen“ Beziehungen zwischen Männern und Frauen?

Vielleicht auch noch: Was ist eigentlich mit all den Männern, die Sex gegen Geld bieten – und die im Film der „Emma“ zum Wirtschaftszweig Prostitution gar nicht erst auftauchen?

Interessant ist auch die Frage, warum das Thema Prostitution / Sexarbeit / Sex Work gerade unter FeministInnen ein besonderer Dauerbrenner ist. Da wird wahlweise über die Schädlichkeit, das emanzipatorische Potential oder ganz generell die Existenzberechtigung von Prostitution debattiert – gerne laut und in schrillster emotionaler Tonlage, sowie oft genug ohne diejenigen, um die es bei diesen Debatten eigentlich geht.

Wir wollten all das nicht, sondern diese Fragen zur Abwechslung mal möglichst unaufgeregt diskutieren, undzwar in einer Runde von drei Expertinnen, die ihre je eigene Position im Feld einnehmen – als Wissenschaftlerin, Journalistin und Sexarbeiterin. Und denen gemein ist, dass sie sich alle drei als Feministinnen sehen. Das mit der Unaufgeregtheit ist wie erwartet nur teilweilse gelungen. Dieses Gespräch fand dann am 8. Januar in unserer Redaktion statt.

MISSY MAGAZINE: Die Debatte um Prostitution wird gerade sehr emotional geführt. Wir haben den Eindruck, dass das auch mit unterschiedlichen Vorstellungen zu Moral und Sexualität zu tun hat. Was sind Ihre Ansichten zu dem Thema?

Antje Schrupp: An der Debatte hat mich vor allem geärgert, dass die Diskussion sich auf die rechtliche Frage verengt hat – also: verbieten oder nicht. Meine Haltung ist: Die Rechte von SexarbeiterInnen sollten gestärkt werden, denn für viele Frauen ist das eine selbst gewählte Art Geld zu verdienen. Trotzdem will ich keine Gesellschaft haben, in der Sex eine Ware ist. Sex sollte etwas sein, auf das alle Beteiligten auch Lust haben sollten. Ich wünsche mir eine Kultur des Zusammenlebens, in der niemand überhaupt nur auf die Idee kommt, man könnte Sex mit einem anderen Menschen kaufen. Es gibt ja Sachen, die wir in unserer Gesellschaft nicht auf den Markt bringen. Leihmutterschaft und das Verkaufen von Organen ist in Deutschland auch verboten.

Marleen: Der Vergleich ist nicht legitim. Wenn ich Organe verkaufe, dann nehme ich mir etwas weg. Wenn ich eine Dienstleistung anbiete, dann gehört mir noch alles an meinem Körper. Das ist doch, als ob man einer Friseurin sagen würde, sie verkaufe ihre Hände mit dem Haarschnitt. Wenn man sagt: Sex sollte nicht käuflich sein, weil es dadurch profan wird, dann schreibt man Sex einen zu hohen Stellenwert zu, der ihn mystifiziert und strenge Normen vorschreibt, die wiederum für Leid sorgen können. Ich denke, wir haben in der Gesellschaft immer solche Situationen, in denen Menschen manche Werte höher stellen als andere, etwa im Fall von Abtreibungen den Wert des ungeborenen Lebens über den Wert des Rechts einer Frau, über ihren eigenen Körper bestimmen zu können.

MISSY MAGAZINE: Marleen, für Sie ist es kein Problem, Sex mit jemandem zu haben, den Sie nicht begehren?

Marleen: Es ist ein wertschätzender Umgang, mit einer Person Sex zu haben, auch wenn man diese Lust erst selbst nicht verspürt, sondern dann erst im Akt miteinander. Das ist Beziehungsarbeit, das ist Care-Arbeit.

Antje Schrupp:Diese Parallelisierung von Sexarbeit und anderen körpernahen Dienstleistungen wie Pflege ist problematisch. Pflege gründet auf der Ungleichheit der Beteiligten: Eine Person, die pflegebedürftig ist, braucht die Hilfe von PflegerInnen. Um diese Logik auf käuflichen Sex zu übertragen, müssten wir von armen bedürftigen Männern ausgehen, die ohne die Hilfe einer Prostituierten nicht in der Lage sind, ihre Bedürfnisse zu befriedigen – und das ist ja nicht der Fall.

MISSY MAGAZINE: Natürlich können sich Männer auch selbst befriedigen, aber vielleicht wollen sie ihre Lust lieber von jemand anderem befriedigen lassen, die darin kompetent ist. Wenn ich einen verspannten Rücken habe, dann könnte ich mich auf einen Massagestuhl setzen oder ich gehe zu einem Masseur. Warum erscheint dieses Vorgehen verwerflich, sobald es um Sex geht?

Antje Schrupp: Der Punkt ist, dass Sex in den derzeit schiefen Geschlechterverhältnissen eine entscheidende Rolle spielt und sie festigt. Viktoria Woodhull, Feministin und Vertreterin der freien Liebe im viktorianischen Zeitalter, die selbst als Prostituierte gearbeitet hat, hat Prostitution mit der Ehe verglichen, weil in beiden Fällen ein Sexualakt stattfindet, den die Frau nur ausführt, weil sie daraus materielle Vorteile zieht. Woodhull bevorzugte die Prostitution, weil sie dann wenigstens das Geld und nicht den Ehemann hat.

Marleen: Sie weisen auf den entscheidenden Unterschied hin: Prostituierte werden für ihre Tätigkeit bezahlt. Es galt doch auch lange als gesetzlich festgeschriebene Pflicht der Frau, den Haushalt zu führen. Trotzdem regt sich niemand darüber auf, wenn Frauen gegen Geld kochen, putzen oder Kinder erziehen. Ich finde es schwierig, die Kritik von Warenförmigkeit spezifisch an Sexualität entlang zu verhandeln. Solange es eine arbeitsteilige Gesellschaft gibt, ist es absolut legitim, mit der eigenen Sexualität den Lebensunterhalt zu sichern. Sonst müssten wir ebenso darüber sprechen, was es bedeutet, dass wir für Wasser und Nahrung bezahlen.

MISSY MAGAZINE: Frau Howe, Sie haben als Soziologin in einem Frankfurter Bordell geforscht. Was haben Sie da vorgefunden?

Christiane Howe:Als ich das erste Mal mit einer Sozialarbeiterin dort war, war ich nachhaltig irritiert. Man hat ja Bilder im Kopf, wie es dort zugeht. Nur gehen diese Bilder völlig an der Situation vorbei. Die Frauen sind nicht in der unterlegenen Position, sie haben die Hausmacht. Ebenso wenig stimmt das Klischee, die Freier würden sich aufspielen wie die Paschas. Die Freier, die ich interviewt habe, waren eher verlegen. Die wollten begehrt werden und sagten Sätze wie: „Wenn die Tür zugeht, ist sie die Chefin im Ring.“ Niemand beschäftigt sich genauer mit diesem Verhältnis. Weder mit den Kunden, die pauschal als minderbemittelt, notgeil oder hässlich dargestellt werden. Noch mit den Prostituierten, von denen angenommen wird, sie seien so arm, dass sie nicht anders können. Es wird unterstellt, dass Prostituierte nicht einwilligungsfähig seien in das, was sie tun. Das stimmt nicht.

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Christiane Howe, * 1962, Soziologin, war zehn Jahre lang Fachreferentin einer NGO, in der es um Arbeitsmigration von Frauen ging – so kam sie zum Thema Prostitution.

MISSY MAGAZINE: Was könnten wir denn herausfinden, wenn wir uns damit beschäftigen würden?

Christiane Howe: Wenn wir anerkennen, dass es eine Nachfrage nach Prostitution gibt und fragen, was Prostitution anbietet, dann können wir einen Rückschluss ziehen auf das, was fehlt. Heute soll ja alles auf gleicher Augenhöhe lustvoll vonstatten gehen. Überlegen Sie mal, welche Anforderungen wir an einen guten Liebhaber stellen. Er muss wissen, wo, wann und wie genau er zu Gange gehen muss. Er muss in einer bestimmten Form zärtlich und leidenschaftlich sein, alles erspüren können. Er muss seine Erektion halten und dann punktgenau orgiastisch alles loslassen. Das sind ganz schön hohe Anforderungen. Die Freier, die wir interviewt haben, sagen alle, dass sie ihre Ehefrauen über alles lieben. Die schlafen gerne mit ihnen – und auch so, wie die Frau das will. Das Sichfallenlassen, das holen sie sich dann woanders. Die Forderung, auf Augenhöhe beim Sex zu bestehen, ist richtig. Aber das hieße auch, dass Frauen in die Strümpfe kommen müssten.

MISSY MAGAZINE: Ganz so klischeehaft spielt sich das aber nicht mehr ab. Frauen lassen sich ja heute nicht bloß bedienen im Bett.

Christiane Howe: Selbst wenn junge Frauen Männer heute direkter ansprechen, laufen sie immer Gefahr, als Schlampen zu gelten. Die Emanzipation hat zwar dazu geführt, dass wir sagen können: „Hier nicht, da mehr.“ Aber dass eine Frau ihren Mann mal aufs Bett schmeißt, wenn er erschöpft nach Hause kommt – wo ist das denn Normalität?

Marleen: Prostitution funktioniert im Moment deswegen so, weil es der Geschlechterordnung unserer Gesellschaft entspricht. In einer gleichberechtigten Gesellschaft könnte es Prostitution trotzdem und anders geben, zum Beispiel so, dass nicht nur Männer, sondern auch mehr Frauen zu SexarbeiterInnen gehen.

Antje Schrupp: Das ist Spekulation. Im Moment ist Prostitution ein Baustein in einem großen Regime von Ungleichheit zwischen Mann und Frau. Prostitution ist kein emanzipiertes Paradies außerhalb der Gesellschaft.

Christiane Howe: Es geht ja nicht darum zu sagen, dass es ein Recht des Mannes auf Sex gibt. Das ist dieser feministische Diskurs: Macht, Geld, Anrecht haben. Wenn man sich aber anschaut, was tatsächlich abgeht, dann passen diese Diskurse nicht zu der Art, wie Prostituierte Sex mit Männern anbahnen. Es stimmt ja nicht, dass die Männer einfach bekommen, was sie wollen, nur weil sie dafür bezahlen.

Marleen: Wir reden jetzt über die vermeintlichen Rechte des Mannes und warum das aus feministischer Sicht problematisch sein soll. Aber Prostitution ist zugleich auch das Privileg, für Sexualität Geld zu bekommen. Die Macht ist nicht so eindeutig verteilt.

Antje Schrupp: Ich bin ja zu 90 Prozent mit Ihren Forderungen einverstanden, was rechtliche Absicherung, Verbesserung der Arbeitsbedingungen und ein Ende der Stigmatisierung angeht, aber genau diese Art der Idealisierung von Prostitution macht es mir sehr schwer. Sexarbeit ist aus feministischer Sicht zumindest ambivalent zu sehen, das müssen wir auch anerkennen.

MISSY MAGAZINE: Ein Problem dieser Debatte scheint zu sein, dass wir auf der Makroebene patriarchale Strukturen gefestigt sehen: Männer können sich Sex von Frauen kaufen. Umgekehrt ist das sehr selten der Fall. Auf der anderen Seite haben wir eine persönliche Beziehung zwischen Kunden und Sexarbeiterinnen, die stereotype Geschlechterbilder durchaus durchkreuzt. Diese Ambivalenz bleibt bestehen.

Marleen: Entgegen der Erwartungen – denn natürlich sind auch wir in einer hurenfeindlichen Gesellschaft erzogen worden – wird das erste Mal Sex als Prostituierte oft als wertschätzend wahrgenommen und man fühlt sich eben nicht erniedrigt. Das war für mich und viele KollegInnen ein Schlüsselerlebnis nach dem Motto „Wow! Aha“.

MISSY MAGAZINE: Wollen Sie, dass Prostitution ein normaler Beruf wird – für den es eine Ausbildung gibt, der mir in der Berufsberatung empfohlen werden kann?

Marleen:Ich finde den Begriff „normal“ schwierig. Bei der Aussage „Ein Beruf wie jeder andere“ wird übersehen, dass alle Berufe unterschiedlich sind. Es will ja auch nicht jede als Leichenwäscherin oder Juristin arbeiten. Es gibt in der Prostitution Privilegien, die gleichzeitig ein Fluch sind, etwa, dass man sehr einfach, sehr schnell einsteigen kann. Das macht Prostitution für Migrantinnen so interessant, die keine Ausbildung haben oder deren Abschlüsse hier nicht anerkannt werden. Dadurch passiert aber auch viel Mist, weil sich Frauen in Abhängigkeiten begeben, hohe Schulden abbezahlen müssen.

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Marleen (im Bild nur von hinten zu sehen), * 1990, Mitgründerin des neuen Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen, arbeitet seit Februar 2011 als Escort und finanziert damit ihr Studium.

MISSY MAGAZINE: Welche Rolle spielt das Stigma, mit dem die Prostitution behaftet ist?

Marleen: Das Stigma und das Doppelleben, das viele von uns deswegen führen, ist eine größere psychische Belastung als die eigentliche Arbeit. Einige haben deshalb nur noch Freundschaften im Milieu, weil sie nur da offen über den Job reden können. Das Stigma verhindert auch, dass Prostituierte in großer Zahl politisch aktiv werden. Für viele Prostituierte wäre ein Gespräch mit der Presse sozialer Selbstmord.

MISSY MAGAZINE: Ist das Stigma auch ein Grund, warum sich Sexarbeiterinnen in der Presse so euphorisch über ihren Job zeigen?

Marleen: Sie spielen auf das Bild der „Happy Whore“ in den Medien an, die Sexarbeiterin, die nie schlechte Erfahrungen gemacht hat. Natürlich gibt es auch schlechte Arbeitsbedingungen, Mietwucher und respektlose Freier. Es ist nur schwierig, darüber offen zu sprechen: Das Stigma führt zu dem Dilemma, das jede Thematisierung von Problemen als Grund für gesetzliche Regulierungen verwendet wird, die Kolleginnen mit schlechten Arbeitsbedingungen mehr schaden als nützen. Gleichzeitig wird das „Happy Whore“-Bild von ProstitutionsgegnerInnen als komplett unglaubwürdig dargestellt und kann entsprechend auch schaden.

Christiane Howe: In dem Moment, in dem eine Tätigkeit so komplett diskreditiert ist wie Sexarbeit, ist es schwer zu beschreiben, was da passiert. Natürlich gibt es, wie in jedem Beruf, unfreundliche Kunden, hat man mal Kopfschmerzen oder keinen Bock. Um darüber sprechen zu können, müssten wir aufhören, Prostitution per se als Form der Gewaltausübung zu sehen.

Antje Schrupp: Ich bin ebenfalls für eine Entstigmatisierung von Prostituierten, denn dann kann die Diskussion, die ich führen will, erst wirklich losgehen. Im Moment laufe ich mit jeder Kritik Gefahr, Prostituierte weiter zu stigmatisieren. Das Problem habe ich zum Beispiel nicht, wenn ich Private Equity ManagerInnen kritisiere.

MISSY MAGAZINE: Wie sollten wir dann Ihrer Meinung über Beziehungen und Sexualität im Zusammenhang mit Prostitution nachdenken?

Antje Schrupp: Auch wenn das viktorianische Zeitalter lange her ist: Eine Bedingung der Existenz von Prostitution ist die Vorstellung, dass Sex auch heute nur in Form einer geregelten Beziehung stattfinden darf. Wir haben ein völliges Defizit in Bezug auf körperlichen Austausch von Zärtlichkeit, die nicht unbedingt mit Penetration oder Orgasmus zu tun hat. Mein Wunsch wäre ein sehr viel diffuserer Begriff, wie Sexualität ausgelebt werden kann.

Marleen: Aber es gibt ja auch heute schon mehr Orte von legitimer Sexualität als nur die Ehe und die Prostitution.

Antje Schrupp: Ich glaube, dass es eine große Bandbreite an möglichen Formen von sexuellem Begehren gibt, aber dass Frauen sich momentan an einem männlichen Modell von Sexualität orientieren. Wenn mir gesagt wird, ich sei zu verklemmt, um ins Bordell zu gehen, dann sehe ich mich dieser Anforderung ausgesetzt. Ich will über meine Erfahrungen mit Sexualität diskutieren können, ohne sie an einer männlichen Norm zu messen.

Marleen: Ich finde es schade, dass Prostitution für Frauen nicht eine selbstverständliche Wellness-Dienstleistung darstellt. Oder dass Frauen ihre Männer nicht mal zu einer Prostituierten schicken: als Liebeslehrerin, mit der Frau als Auftraggeberin. Ich erlebe immer wieder, wie viele Männer nicht wissen, wie man eine Frau richtig leckt oder fingert.

Christiane Howe: Ich würde noch einen draufsetzen: Prostituierte sollten auch Frauen zeigen, wie es richtig geht. Wir tun so, als seien wir als Gesellschaft sexuell so liberal. In Wirklichkeit sind wir weit davon entfernt. Wenn es darum geht, Dinge in unseren Beziehungen auszuhandeln oder konkret zu beschreiben, dann fehlen uns die Worte.

Fotos: Melissa Jundt