Von Azadê Peşmen

Für eine Lokalpatriotin wie mich (born and raised in Berlin) ist es schon fast revolutionär das zu sagen, aber: Es gibt Momente, da bin ich ganz froh nicht mehr in Berlin zu wohnen. Yup, I said it. Natürlich vermisse ich ein paar Menschen, die mir nahe stehen, aber was mir auf keinsten fehlen sind einige Debatten, die beyond reality und in Berlin stattfinden. Beispiel gefällig? Safe spaces.

Dieser Begriff wurde ohne mich vorher zu fragen, in meine Facebook -Timeline gespült. Der Kontext war eine Veranstaltung, die den Namen trug: Der Schatten des Regenbogens. So heißt eine Podiumsdiskussion, im Rahmen derer über Rassismus innerhalb der weißen queeren Community gesprochen werden sollte. So weit, so unspektakulär. Zumindest für mich. Das ging naturgemäß einigen Leuten anders. Die Facebook-Eventseite diente schon vorher als Bühne für einen virtuellen Schlagabtausch. Zum einen, weil sich dort die üblichen „Kanak_innen sind einfach von Natur aus (qua Gene yani) homofeindlich“- Menschen ausließen, zum anderen, weil die Absage einer Person, die eigentlich auf dem Podium hätte sitzen sollen, eine Menge Glitzerstaub aufwirbelte. Als Grund wurde der von den Organisatoren der nicht gewährleistete safe space genannt.

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Geht das? Abgeschirmt und sicher „unter sich“ sein? © Tine Fetz

Vorweg: Mir geht es nicht darum, mit dem moralischen Zeigefinger auf irgendjemanden zu zeigen. Individuelle Entscheidungen sind individuelle Entscheidungen und die Veranstaltung soll hier nur als x-beliebiges Beispiel für das Thema dienen: Diese Vorstellung, dass inmitten eines safe spaces happy family- Stimmung herrscht, egal ob bei diesem oder irgendeinem anderen Event, die schmeckt mir einfach nicht. Anders und etwas gemeiner ausgedrückt: Für mich gibt es keine safe spaces. Klingt krass, ist aber so. Es gibt kaum Momente, in denen ich mich zurücklehne und sage: Super, hier kann ich sein so wie ich bin, ohne, dass etwas Unbedarftes oder Unaufmerksames gesagt und getan wird, ohne, dass meine Grenzen (oder die von anderen) überschritten werden.

Das mag vielleicht auch an meiner kaleidoskopartigen Identität liegen. Wenn ich an der Intersektion stehe, dann kreuzen sich nun mal mehr als zwei Straßen. Vielleicht habe ich auch deshalb den Glauben an uniforme, so genannte geschützte Räume verloren. Am allerwenigsten ist aber ein Raum für mich sicher, wenn es sich dabei um eine öffentliche Diskussion handelt – egal wer auf dem Podium sitzt. Ich habe auch in Räumen, die als sicher deklariert wurden, bescheuerte Erfahrungen machen dürfen (because hurt people hurt people – Menschen, die verletzt wurden, verletzen Menschen; gelesen bei Kim Crosby). Daher gehe ich permanent davon aus, dass irgendwas nicht mitgedacht wurde.

Allerdings erwarte ich von Organisator_innen (aber auch von Mitmenschen), dass sie kritikfähig sind. Also statt safe spaces, eher accountable spaces. Wenn es zu Diskriminierung(en) jeglicher Art kommt, dann freue ich mich über einen verantwortungsbewussten Umgang damit. Das heißt einschreiten, intervenieren (wenn nötig) und Dinge nicht einfach so stehen lassen. Die Illusion, dass irgendwann mal Räume entstehen, in denen das nicht mehr nötig ist, daran glaube ich einfach nicht. Vielleicht liegt es daran, dass ich nicht mehr in Berlin wohne. Vielleicht aber auch nur an meiner sehr stark ausgeprägten Misanthropie.