Von Bini Adamczak

Ich schlage ein neues Wort vor, das schon lange fehlt. Es lautet Circlusion, altmodisch auch Circumclusion. Circlusion ist der Gegenbegriff zu Penetration. Beide Worte bezeichnen etwa denselben materiellen Prozess. Aber aus entgegengesetzter Perspektive. Penetration bedeutet einführen oder reinstecken. Circlusion bedeutet umschließen oder überstülpen. That’s it. Damit ist aber auch das Verhältnis von Aktivität und Passivität verkehrt.

Penetration bedeutet: etwas – einen Halm oder Nippel – in etwas anderes – einen Ring oder ein Rohr – hineinschieben. Halm oder Nippel sind dabei aktiv. Circlusion bedeutet: etwas – einen Ring oder ein Rohr – auf etwas anderes – einen Halm oder Nippel – drauf schieben. Dabei sind Ring oder Rohr aktiv.

© Diane Haefner
© Diane Haefner

Das Wort Circlusion (eingedeutscht Zirklusion) ermöglicht uns, über manchen Sex anders zu sprechen. Es wird benötigt, weil das Elend der Penetration noch immer das heteronormative Imaginäre regiert und – als wäre das nicht schon genug – das queere Imaginäre noch dazu. Das lässt sich im Mainstreamporno sehen, aber auch bei BDSM und Postporn. Fast unangefochten fungieren Dildo oder Penis* als praktische Zeichen von Macht.

Verwirrenderweise selbst bei Machtexpertinnen. Doms allerlei Geschlechts verknüpfen sich so eher mit Dildo, Penis*, ausgestreckten Fingern. Subs verknüpfen sich eher mit Mund, Vagina*, Anus. Zuweilen scheint es gar als würden Vulva oder Anus einer Domme tabuisiert, so als habe deren Verwendung entmächtigende Effekte. Vielleicht nicht gegenüber Zunge, wohl aber gegenüber Dildo.

Dabei geht es natürlich nicht darum, welche Teile ein Körper hat, sondern welche er einsetzt. Fast alle haben einen Anus, aber wer ihn sexuell benutzt – in Verbindung mit Dildo, Penis oder Hand – gilt als Bottom, als Sub, als passiv. Fast alle können sich einen Dildo/Strap-On leisten, aber wer ihn sexuell benutzt gilt in aller Regel als Top, Dom, aktiv. What the Fuck? Was ein Unfick!

So soll es Menschen geben, die vierzig Minuten lang genitalen Sex haben, Beckenmuskulatur anspannen, Hüfte vorstoßen und dabei oben liegen – und dennoch der Meinung sind, sie seien diejenigen, die gefickt wurden. Und das nur, weil sie als Träger*i…