Von Caren Miesenberger

Karol Conka ist Schwarz, Feministin und kommt aus Curitiba, der siebtgrößten Stadt Brasiliens, die landesweit in Sachen Rap sonst eher nicht federführend ist. Die 29-jährige thematisiert ihre sexuellen Bedürfnisse in ihren Lyrics sehr selbstbewusst – und trotzt damit jeglicher Diskriminierung. Im Juni bringt Conka ihren tanzbaren Rap, in dem sie afrobrasilianische Beats mit poppigem Gesang kombiniert, nach Deutschland. Conka thematisiert in ihren Liedern immer wieder, wie wichtig Selbstliebe für Schwarze Frauen ist. Im Interview spricht sie über Empowerment, Übergriffe während ihrer Konzerte und die Vorzüge des Singlelebens.

© Mariana Zarpellon
© Mariana Zarpellon

Missy: Sie sprechen in sehr vielen Liedern über Empowerment für Schwarze Frauen und sagen, dass diese eine Inspiration für Ihre Musik sind. Was inspiriert Sie an ihnen?
Karol Conka: Ich bin Schwarz und komme aus Curitiba, einer Stadt in Südbrasilien. Dort gibt es kaum Schwarze, selten trifft man welche auf der Straße. Mich inspirieren die Attitüden, die Kleidungsstile und das Verhalten von Schwarzen in der Musik. Frauen, die mich am Meisten prägen, sind meine Mutter und meine Großmutter, aber auch Lauryn Hill und Beyoncé. Diese Frauen zeigen mir, dass man stark sein kann. Denn in Brasilien bringt uns die Gesellschaft bei, dass Schwarzsein bedeutet, minderwertig zu sein. Mir haben die Frauen, die ich als Referenzen habe, Kraft gegeben.

Sie sagen von sich selbst, dass Sie Feministin sind. Welche sind die wichtigsten feministischen Kämpfe in Brasilien?
Ich bin der Meinung, dass alle Kämpfe sehr wichtig sind. Jedes Jahr gibt es neue Kämpfe und auch neue Leute. Feminismus bedeutet für mich, dass ich für Gleichberechtigung kämpfe.

Sie haben schon Konzerte abgebrochen, weil Männer im Publikum Sie sexuell belästigten. Kommt das häufig vor?
Das war einmal auf einer Party in Rio de Janeiro. Ein Typ im Publikum kam nach vorne zur Bühne, zeigte seinen Mittelfinger und signalisierte, dass er den in mich einführen will. Ich habe dann das Konzert gestoppt und gesagt, dass ich Respekt dafür verdiene, auf der Bühne zu sein. Sein Verhalten war unzulässig. Frauen verdienen Respekt. Ich bin dort, um meine Message rüberzubringen und nicht, um belästigt zu werden.
Wenn ich bei derartigem Verhalten ruhig bleibe, legitimiere ich damit, dass Männer sich gegenüber anderen weiblichen Künstlern auch so respektlos verhalten.

In Brasilien sind Sie sehr berühmt. Schützt Sie das vor rassistischen Begegnungen?
In Brasilien schützt Berühmtheit nicht vor Rassismus. Wir haben beispielsweise viele Schwarze, die in sozialen Netzwerken angegriffen wurden. Das passiert auch Prominenten. Mein Umgang mit Rassismus schüchtert viele Leute ein, aber vor Rassismus kann er mich nicht schützen.

Karol Conka auf Europa-Tour
2.6. Mousonturm, Frankfurt a.M.
9.6. Kampnagel, Hamburg
11.6. Berlin, Hebbel am Ufer

Derzeit ist die politische Situation in Brasilien sehr aufgewühlt. Präsidentin Dilma Rousseff wurde temporär abgesetzt und wird bis zu Neuwahlen von einer Regierung vertreten, die als erste Amtshandlung die Ministerien für Menschenrechte und Kultur abzuschaffen versuchte. Was halten Sie von der aktuellen politischen Situation?
Ich glaube, dass in Brasilien einige Häuser in Sachen Gleichstellung und Empathie eingestürzt sind. Mit dem Umschwung ist da einiges zurückgewichen. Aber ich habe keine wirklich starke Meinung darüber, da es wirklich traurig ist und ich mich lieber auf die Musik konzentriere.

In einem Interview las ich, dass Sie mal verheiratet waren und nun überzeugter Single sind. Was heißt das für Sie?
Ich hatte in meinem Leben nur drei feste Freunde und fand es immer schwierig, zu zweit zu leben, weil ich einen sehr eigenen Kopf habe. Single zu sein ist wunderbar und ich fand es immer viel besser als Verpflichtungen! Es ist echt schwierig, einen Mann zu finden, dessen Kopf Kapazitäten hat, eine unabhängige Frau auszuhalten, die starke Meinungen hat. Den Typen geht es meistens schlecht damit. Ich bevorzuge es, Single zu sein (lacht)! Das Leben ist sehr verführend, ich bin in das Leben an sich verliebt. Und je nach Beziehung kann es sein, dass diese davon ablenkt. Singlesein bedeutet für mich, kraftvoll, mächtig und stark zu sein!