Von Brigitte Theißl

Vor zwanzig Jahren gründete Andi Zeisler gemeinsam mit anderen Feminist*innen das vierteljährliche Magazin „Bitch“ als „Feminist Response to Pop Culture“. Mittlerweile betreibt die in Portland, Oregon beheimatete Non-Profit-Organisation Bitch Media auch eine Website inklusive wöchentlichem Podcast, ein „Bitch on Campus“-Programm sowie eine lokale Bücherei. Brigitte Theißl hat die US-amerikanische Popjournalistin und Autorin („We Were Feminists Once: From Riot Grrrl to CoverGirl“) auf dem Business Riot Festival in Wien zu einem Gespräch getroffen.

 © Jeffery Walls
© Jeffery Walls

„Bitch“-Magazin ist 1996 gestartet. In den vergangenen zwanzig Jahren hat sich die Medienlandschaft – nicht nur in den USA – dramatisch verändert. Haben sich auch die Arbeitsbedingungen für euch als alternative Medienproduzent*innen verändert?
Es hat in dieser Zeit sowohl positive als auch negative Entwicklungen gegeben. Als wir starteten, wussten wir, dass wir kein Hochglanzmagazin produzieren und deshalb auch keine Werbeanzeigen bekommen würden. Das verschaffte uns gerade beim Thema Feminismus ein Stück redaktionelle Freiheit. Aber auch in finanzieller Sicht hat unsere Strategie rückblickend wahrscheinlich unser Überleben gesichert: Rund zehn Jahre später mussten viele Magazine ihren Betrieb einstellen, weil der Anzeigenmarkt einbrach. Wir waren nie von Anzeigen abhängig, wir haben unsere Leser*innen zu unseren Stakeholdern gemacht. Da wir sehr klein sind und nur über wenig Ressourcen verfügen, waren wir allerdings auch dazu gezwungen, sehr langsam zu wachsen. Das ist eben der Nachteil, wenn kein Investor hinter einem steht. Wir hatten auch schon sehr früh eine Webseite, aber uns fehlen die Ressourcen, um unsere Internetpräsenz auszubauen. Dementsprechend sind uns Organisationen, die erst vor wenigen Jahren mit feministischem Content im Netz gestartet sind, weit voraus. Wir waren also zuerst da und sind dennoch hinten nach.

Verfügt ihr außer Abos und Spenden noch über andere Einnahmequellen?
Ja, wir machen Sponsoring mit Unternehmen oder Organisationen, die zu uns passen. Das können beispielsweise Universitäten oder Sextoy-Läden sein. Wenn wir uns dafür entscheiden, gehen wir auch eine langfristige Zusammenarbeit ein. Insgesamt macht das aber nur einen sehr kleinen Teil unserer Einnahmen aus.

Feministische Inhalte sind längst im Mainstream angekommen. Auch große Medienunternehmen wie „Buzzfeed“, „Huffington Post“ oder „Vice“ veröffentlichen feministische Kommentare oder betreiben sogar eigene Seiten mit entsprechender Ausrichtung. Betrachtet ihr sie als direkte Konkurrenz?
Nicht unbedingt. Wir sehen sie nicht als Konkurrenz, weil es sinnlos wäre, mit ihnen zu konkurrieren. Diese Unternehmen haben so viel mehr Geld als wir. Aber gleichzeitig kann es schon frustrierend sein, wenn „Buzzfeed“ eine Geschichte bringt, die wir schon vor Jahren hatten – und die aber kaum beachtet wurde, weil wir einfach nicht über dieselbe Reichweite verfügen. Wir können nur versuchen, mit unseren bescheidenen Ressourcen die beste Arbeit zu machen, die möglich ist.

Seid ihr jemals in Versuchung geraten, Clickbait-Strategien einzusetzen, wie „Buzzfeed“ und Co. das tun?
Ja, auf jeden Fall. Und ich denke, wir haben das sogar schon gemacht – in unserer eigenen Version.

Aber auf „Bitch.com“ finden sich keine „Diese zehn Zitate werden dein Leben verändern“-Artikel.
Nein, das nicht. Aber wir verstehen, dass bestimmte Namen von Stars oder bestimmte Themen als eine Art Clickbait funktionieren. Es ist also durchaus schon passiert, dass wir angesichts einer laufenden Fundraising-Kampagne einen fünf Monate alten Artikel noch einmal gepostet haben, der bei den Leser*innen besonders gut angekommen ist und der zur aktuellen Nachrichtenlage passt. Aber wir versuchen, das niemals auf eine zynische Art einzusetzen.

Seit einigen Jahren wird eine hitzige Debatte darüber geführt, wie Onlinejournalismus finanziert werden kann. Mehrere Medien sind dazu übergegangen, ihre Inhalte nicht mehr kostenlos im Netz zur Verfügung zu stellen. Glauben Sie, hat Qualitätsjournalismus im Netz eine Zukunft?
Das ist eine schwierige Frage. Ich glaube die meisten Menschen haben sich daran gewöhnt, im Internet nichts dafür bezahlen zu müssen, also werden auch nur wenige bereit sein, für Onlineangebote zu bezahlen – unabhängig von der Qualität. Das ist bedauernswert. Auch für Journalist*innen ist es deshalb immer schwieriger, von ihrer Arbeit leben zu können. Als jemand, die Qualitätsjournalismus sehr schätzt, wünschte ich, die Entwicklung würde in eine andere Richtung gehen. Andererseits wollen wir als Bitch Media unsere Botschaft möglichst weit verbreiten, deshalb können wir unsere Inhalte nur schwer hinter einer Pay Wall verstecken. Wir sind ja daran interessiert, dass möglichst viele Menschen Zugang zu unserem Content haben. Was diesbezüglich die beste Strategie ist – darauf haben wir auch noch keine Antwort gefunden.