Von Hengameh Yaghoobifarah

SWERF und TERF, das klingt zunächst wie „Surf & Turf“. Das ist der Name eines nordamerikanischen Steak- und Mee­­res­früchte­gerichts, aber auch eine Slangformulierung für Penetrationssex. Tatsächlich stecken hinter diesen Begriffen zwei Akronyme: „Sex Work Exclu­sionary Radical Feminism“ und „Trans-Exclusionary Radical Feminism“ – ein Radikalfeminismus, der Sexarbeiter*innen und Transpersonen ausschließt . Die Strömung TWERF („Transwomen Erasing Radical Feminism“), spricht sich gegen Transfeminitäten aus und will diese nicht in Frauenräumen und der feministischen Bewegung vertreten sehen.

SWERF und TERF/TWERF schließen zwar unterschiedliche Gruppen aus, doch überschneiden sich immer wieder. Nicht selten gehen Transmisogynie und Hurenfeindlichkeit miteinander einher. Manche SWERFs und TERFs plädieren auch für ein Kopftuch- und Burkaverbot. Diese Haltungen werden zumeist älteren Feminist*innen zugeschrieben, die dem „Second Wave Feminism“ oder „Oldschool-Feminismus“ zugerechnet werden. Eine solche Teilung in Generationen wird jedoch weder den älteren noch den jüngeren Feminist*innen gerecht: Die Grenzen verlaufen zwischen politischen Positionen.

In den USA werden die beiden Strömungen unter dem Label exkludierender Radikalfeminismus zusammengefasst. Unter Radikalfeminismus ist nicht einfach radikal praktizierter Feminismus zu verstehen, vielmehr bezieht er sich auf eine konkrete Bewegung innerhalb des Feminismus. Wobei hier angemerkt werden muss, dass dieses Label stark vereinfacht, denn nicht alle radikalfeministischen Theoretiker*innen und Aktivist*innen sind  per se trans- und/oder Sexarbeiter*innen -feindlich.

Radikalfeministinnen selbst empfinden SWERF/TERF/TWERF als misogyne Beleidigungen. In einem Interview mit TigTog – jener Person, die diese Akronyme erfunden hat – stellt Cristan Williams auf der Seite „The TransAdvocate“ jedoch fest, dass diese schon immer als neutrale Kürzel verwendet wurden und keine abwertenden Konnotationen hatten. Die Behauptung, dass die Begriffe beleidigend seien, erinnert stark an Aussagen von weißen Personen, die die Benennung von weißen Privilegien für rassistisch halten, an Cispersonen, die „Cis-“ beleidigend finden, und an Heteros, die die Bezeichnung „Heten“ heterofeindlich finden. Indem radikalfeministische Cisfrauen behaupten, dass Queer- und Transfeminist*innen ihre Realitäten unsichtbar machen, verschleiern sie die Gewalt, die sie selbst ausüben.

Ein Beispiel dafür ist der Zusammenschluss Gender Identity Watch (GIW), der Transfrauen ausschließt und auf verschiedene Arten Gewalt an ihnen ausübt, beispielsweise durch Fehlgenderung und sogenanntes Deadnaming (die Verwendung der Geburtsnamen). 2013 unterzeichneten fast zehntausend Personen eine Petition, die GIW als Hassgruppe anerkennen sollte. Auf dem Blog „Everyday Whore­phobia“ werden SWERF und TWERF sogar als die „Wesboro Baptiste Church“ (rechtsextreme, fundamentalistische Hassgruppe in den USA) des Feminismus bezeichnet. Tatsächlich klingen manche Begriffe – die Rede ist von einer „queer ideology“ – nach rechtem Rand à la „Genderwahn“.

Die Kernfrage ist: Können Personen, die gewaltvoll gegen Transpersonen – transfeminine im Besonderen – und Sexarbeiter*innen vorgehen, Feminist*innen sein? Und wenn Feminismus nicht für die Rechte von Transfrauen und Sexarbeiter*innen eintritt, was ist er dann noch wert?

Dieser Artikel erschien zuerst in Missy 04/2016.