Von Anna Mayrhauser

Die Filmreihe „Femmes Totales“ hat es sich zur Aufgabe gemacht, zeitgenössisches Kino von Frauen zu zeigen – denn Filme von Regisseurinnen sind leider immer noch unterrepräsentiert in der Kinolandschaft. Ein Film aus der Reihe ist der Thriller „Hitzewelle“ der Regisseurin Joyce A. Nashawati. In „Hitzewelle“ erzählt sie von einem Sommer in Griechenland in der nahen Zukunft: Wasser ist eine knappe Ressource geworden, und der Hauptprotagonist des Films  Ashraf,  der nach Griechenland migrierte, hütet die Villa einer reichen französischen Familie in deren Abwesenheit – doch bald erscheint ihm seine scheinbar stille Umgebung bedrohlich. Regisseurin Joyce A. Nashawati setzt sich in diesem Thriller mit Themen wie Rassismus und Ressourcenknappheit auseinander. Wir trafen sie kurz bei der Premiere des Films in Berlin, die das Missy Magazine auch präsentierte.

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Die Regisseurin Joyce A Nashawati. © Jean-baptiste-le-mercier

Woher kam die erste Inspiration für die Geschichte, die du in „Hitzewelle“ erzählst?
Die erste Inspiration für den Film war eher ein Bild als eine Geschichte. In heißen Sommern gibt es in Griechenland oft Brände. Mir ist schon öfter aufgefallen, dass der Himmel wunderschön aussehen kann, während es brennt – es herrscht dann eine Art Endzeitstimmung. Einmal war ich am Strand, während es passierte. Es regnet Asche und Staub, und die Menschen haben einfach weitergemacht. Das war ein sehr starkes Bild, dieser Ferienstrand und die Urlaubsstimmung, während gleichzeitig etwas Gruseliges, Furchteinflößendes passiert.

Welche Filme haben „Hitzewelle“ beinflusst?
Ich bin von australischen Horrorfilmen aus den 1970er-Jahren beeinflusst worden. Dort wurden Horrorfilme im Sonnenlicht in der freien Natur gedreht: Sonnenschein trifft auf Angst. Auch Roman Polanskis Filme haben mich beeinflusst.

Du bist zwischen Beirut, Accra, Athen und Kuweit aufgewachsen – warum spielt der Film in Griechenland?
Ich habe meine Teenagerjahre in Griechenland verbracht. Während ich die  Geschichte schrieb, habe ich immer an einen Ort am Mittelmeer gedacht. Zu dieser Zeit gab es noch nicht viele Filme aus Griechenland, es war für mich ein Ort, um unverbrauchte Bilder zu finden. Auch der Libanon hat eine schöne Küste, aber ich konnte nicht einfach die schwere Geschichte des Landes ignorieren, um dort eine völlig andere Geschichte zu erzählen. Ich dachte, Griechenland wäre abstrakter. Aber dann hat mich auch hier die Geschichte eingeholt: Heute denkt man bei Griechenland an die Bankenkrise und das Schicksal der Geflüchteten an den Stränden. Es war aber nicht meine Intention, darüber zu sprechen. Ich habe vier Jahre lang an dem Film gearbeitet, die Welt hat sich seitdem verändert. Der Film hätte also eigentlich abstrakter sein und nicht direkt auf aktuelle Ereignisse anspielen sollen.

Die Filmreihe „Femmes Totales“ zeigt deutschlandweit in unterschiedlichen Kinos die Filme internationaler Regisseurinnen. Derzeit ist sie in München zu Gast.

Warum hast du dich entschieden, deinen Film in der nahen Zukunft spielen zu lassen, nicht in der Gegenwart oder der fernen Zukunft?
Ferne Zukunft ist teuer (lacht). Und die Gegenwart ist zu sehr mit Realismus besetzt. Wenn man eine Geschichte in der nahen Zukunft erzählt, kann man alles ausblenden, was man nicht mag und was nicht zur Geschichte passt. Es erlaubt, Dinge zu überhöhen und aufzubauschen, so wie ich es mit der Wasserknappheit, die in Griechenland nicht existiert, aber die im Film vorkommt, gemacht habe.