Als der Mann und ich uns für ein Kind entschieden haben, war relativ schnell klar, dass ich die erste Zeit zu Hause bleiben würde: Ich war diejenige mit Brüsten und dem kleineren Einkommen. Die ersten 12 Monate sollte ich also meinen Beruf aufgeben und Hausfrau und Mutter sein.
Der Mann geht im Schnitt 10 Stunden am Tag arbeiten, weshalb ich 10 Stunden am Tag mit dem Kind allein bin. Ich sehe ihm neidisch nach, wenn er in die andere Welt verschwindet. Er versteht mich nicht, weil ihn traurig macht, so viel Entwicklung vom Kind zu verpassen. Wenn er mir Tipps geben will, wie das Kind besser schläft, isst oder weniger nervt, kann ich sie nur widerwillig annehmen, weil ich oft denke „Was weisst du denn schon, du Wochenendvater?“. Warum können wir uns nicht einfach alles gerecht teilen, jeder bringt die Hälfte Geld rein, und jeder kümmert sich die Hälfte ums Kind. Dann wüsste er, wie anstrengend Kinderbetreuung wirklich ist, und ich wüsste, dass Arbeit auch nicht nur lustige Polonäse durchs Büro ist.

Wir können uns das nicht teilen, weil in seiner Chefetage nur Männer sitzen. Männer, für die es normal ist, dass sie ihre Kinder manchmal Tage nicht sehen, weil sie morgens zu früh gehen und abends zu spät wieder da sind. Männer, deren Frauen anscheinend ganz selbstverständlich die Rolle der ewigen, fürsorglichen Mutter übernehmen, damit die Männer in der Agentur die Unersetzlichen spielen können. Nicht mein Problem, habe ich gedacht. Jetzt leider schon, weil diese Männer ihren antiquierten Lebensentwurf zu meinem machen wollen.

Der Mann wollte zwei Monate in Elternzeit gehen und Elterngeld beziehen. Ist ja auch sein gutes Recht. Wir fanden es beide wichtig, dass er auch, zumindest für einen kurzen Zeitraum, mehr Alltag mit dem Sohn hat. Sein Anliegen musste er mit seinen Geschäftsführungskollegen besprechen, allesamt Väter. Keiner von ihnen hat Elternzeit genommen. Schon in den Vorgesprächen wurde dem Mann durch die Blume gesagt, es wäre besser, wenn er es liesse. Die Meinung eines Kollegen spiegelt gut wider, was für ein reaktionärer Wind in der Chefetage weht: Er vertritt die Meinung, Elternzeit passe nicht zur Rolle eines Geschäftsführers, denn dann bekämen die Kollegen ein schlechtes Bild von dessen Einsatz für die Firma. Wenn jemand, auch jemand in der nächst niedrigen Hierarchieebene, mit dem Wunsch nach Elternzeit auf ihn zukäme, sei dieser vermutlich nicht der Richtige für eine Führungsposition. Und als einer seiner Kollegen ihm berichtete, er sei von selbst darauf gekommen, dass Väterzeit keine gute Idee sei, habe er sich darüber gefreut.

Kein Wunder also, dass sich in der folgenden Diskussion zwei Monate Elternzeit bei 67% Gehalt (wie es ja rechtlich möglich sein sollte), in vier Wochen bezahlten Urlaub, der jedoch nicht Elternzeit genannt werden sollte, verwandelten. Und damit weiterhin das Bild vom Geschäftsführer, der alles für seine Agentur gibt, gewahrt werden kann, sollte der Mann diese vier Wochen nicht Elternzeit nennen. Vielmehr sollte er lieber kommunizieren, er unterstütze mich beim Wiedereinstieg in den Beruf (wir arbeiten in der gleichen Branche).

Was haben diese Männer für ein Problem? Ich würde nur zu gern ganz viele unqualifizierte Dinge von mir geben, aber das haben sie ja bereits zur Genüge getan. Deshalb mache ich an dieser Stelle nur noch einmal darauf aufmerksam, dass das in einer Werbeagentur passiert ist, die sich Innovation und Fortschritt auf die Fahnen schreibt. Selbst dort dürfen also Väter ab einer bestimmten Gehaltsstufe nicht mehr die Verantwortung für ihre Kinder übernehmen. Und wir reden hier von zwei Monaten, danach ist es ohnehin wieder an mir, den Job mit Kind und Tagesmutter unter einen Hut zu bekommen. Ob die Kollegen vom Mann neidisch sind, weil er einfach das macht, was sich sonst keiner traut, nämlich Forderungen zu stellen, oder ob sie wirklich nicht verstehen können, dass er mehr als der Brotverdienerteil der Familie sein will, weiss ich nicht. Und ich weiss auch nicht, was schlimmer wäre.

Auf jeden Fall bin ich schockiert, dass selbst in angeblich so innovativen Branchen Männer mit solchen Einstellungen sitzen. Für mich bedeutet das, dass ich mein Leben auch nach der Elternzeit automatisch mehr dem Kind unterordnen muss als der Mann. Ich muss ein neues Arbeitsmodell finden, das alles unter einen Hut bringt. Und für alle Frauen bedeutet es, dass eine Gebärmutter immer noch beförderungshemmend wirkt. Der Männerclub bleibt eben immer noch lieber unter sich.