gabyberlinale-rahmenKennt Ihr eigentlich schon den Bechdel-Test für Filme, mit dem Ihr überprüfen könnt, ob halbwegs normale und aktive Frauen in einem Film ausreichend repräsentiert werden? In dem 1985 erschienen Comic „Dykes to watch out for“ von Alison Bechdel erklärt eine Figur, dass sie grundsätzlich nur Filme anschaue, die folgende Kriterien erfüllen:

1. Spielen in dem Film mindestens zwei Frauen mit, die    Namen haben?

2. Sprechen diese beiden miteinander?

3. …über etwas anderes als einen Mann?


Doch die Missy in dem nun folgenden Video erklärt das viel besser!:

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=bLF6sAAMb4s[/youtube]

Nach diesen Kriterien ist der heutige Eröffnungsfilm der Berlinale„True Grit“ – das Western-Remake der Coen Brüder – kein „Frauenfilm“, wie Festivalleiter Dieter Kosslick jüngst behauptete.

true_grit_poster1Schon bei der ersten Frage müssen wir leider passen, ich erinnere mich nur an zwei weitere Frauen in dem Film: Die Zimmerwirtin der vierzehnjährigen Mattie, die leider namenlos bleibt und Grandma Turner, mit der sie sich jedoch nie unterhält, da die alte Mrs. Turner lediglich drei Nächte neben ihr im Pensionsbett liegt und schlimm schnarcht.
Vier Nächte dauert es bis Mattie Ross, aus deren Sicht die Geschichte im Rückblick erzählt wird – wie bei dem gleichnamigen Roman von Charles Portis aus dem Jahre 1870 – den von Jeff Bridges gespielten Marshal Cogburn überredet hat, bei ihrem alttestamentarischen Rachefeldzug gegen Tom Chaney, den feigen Mörder ihres Vaters, mitzumachen.
Sowohl diese Mattie, als auch die großartigen Hailee Steinfeld, die bei den Dreharbeiten erst dreizehn war, haben wirklich „True Grit“, was soviel wie „wahren Schneid“ bedeutet.
true_grit_03Bewusst heuert Mattie den einäugigen „Rooster“ Cogburn an, der bekannt dafür ist, rasch von seiner Schusswaffe Gebrauch zu machen. Dreiundzwanzig Menschenleben hat er bereits auf dem Gewissen. Der wichtigtuerische Texas Ranger La Boeuf, den Mattie mit ihrer scharfen Zunge als „Rodeo Clown“ abtut, hängt sich wegen einer auf Chaney ausgesetzten Belohnung an das ungleiche Paar mit dran. Unter dem Schnauzbart ist Matt Damon als selbstgefälliger Popanz nicht wiederzuerkennen!
john-wayneJeff Bridges übernimmt – den Coen-Brüdern, die John Wayne eher für „Mount Rushmore als für einen Schauspieler halten“ sei Dank – nichts von dem hüftsteifen Supermacho, der in dem Original von 1969 seinen Part spielte (- und damit seinen einzigen Oscar gewann.) Stattdessen erleben wir den nuschelnden amerikanischen Vorfahr des grandiosen „Dude“, hier noch mit echtem Killerinstinkt unter der Kutte. Später auf der Pressekonferenz wird er sich für seine nuschelnde Interpretation des maulfaulen Marshalls entschuldigenjeff-versus-john – aber dafür gäbe es ja die Untertitel, sogar in Amerika!
Die dritte männliche Hauptrolle im Bunde: Der Killer Tom Chaney, gespielt von Josh Brolin, der im Film überzeugend trottelig und gleichzeitig gerissen wirkt, sich allerdings auf der Pressekonferenz bei der Beantwortung hartnäckiger Fragen der Journalisten nach John Wayne hoffnungslos verheddert.
All diese männlichen Schauspieler – und das sage ich als erklärter „Dude“-Fan nicht gerne – werden letztlich von einem kleinen Mädchen mit Zöpfen an die Wand gespielt!
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Sie ist der Boss des männlichen Muskel-Trios im Film und sie ist die von ihrer Rolle nicht zu trennende, wild entschlossene Schauspielerin, an deren Gesicht wir uns in den zahlreichen Nahaufnahmen nicht satt sehen können. (Kameramann Roger Deakin kontrastiert diese Coen-typische Charakterstudie, bei der einem zuweilen das Lachen im Halse stecken bleibt, mit nur wenigen extremen Totalen, die uns deshalb fast ebenso in ihren Bann zu ziehen vermögen.)

exclusive-jeff-bridges-and-hailee-steinfeld-in-true-grit_gallery_primaryJedoch: Wenn Cogburn später wie in dem Gedicht vom Erlkönig, mit dem Mädchen, das von einer Schlange gebissen wurde, durch die Nacht reitet und auf ihr Pony einsticht, um aus ihm die allerletzten Kräfte herauszuholen, dann sind wir gebannt bei dem Mädchen und wollen den unbeugsamen Racheengel Mattie, der so grandios von einer ganz jungen Schauspielerin verkörpert wird,  nicht sterben sehen!
Als eine Journalistin Hailee Steinfeld fragt, wie denn die Dreharbeiten für sie bei diesem ausschließlich mit Männerrollen besetzten Film waren, antwortet Steinfeld nach dem üblichen „wir hatten viel Spaß zusammen“:
„Naja, mit diesen Jungs zu arbeiten war gar nicht mal…so schlecht.“
Howdy.

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=qo-RDJb4W28[/youtube]