Von Katie Fenderl

Das sogenannte Prostitutionsschutzgesetz, initiiert von Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD), ist vom Kabinett verabschiedet worden und würde, sollten die Minister*innen zustimmen, ab Juli 2017 umgesetzt werden. Es beinhaltet u.a. die Meldepflicht von Sexarbeiterinnen, Kondompflicht und Regelungen für Bordellbetreiber*innen. Die Meinungen der Medien scheinen zumeist vorgeprägt, klaffen auseinander. Wie auch während der Ausarbeitung des Entwurfs, fragen hier wohl die wenigsten bei den Menschen nach, die es direkt betrifft – geschweige denn gestehen ihnen genug Eigeninitiative und Mut zu.

© Hydra e.V.
© Hydra e.V.

Liad Hussein Kantorowicz arbeitet seit über zehn Jahren als queer-feministische Aktivistin und Performerin und war über 16 Jahre als Sexarbeiterin tätig. Stellvertretend für das Peer-Projekt bei Hydra e.V. legt sie deren Standpunkt und Arbeitsansatz im Interview dar.

Frau Hussein Kantorowicz, das Prostitutionsschutzgesetz verspricht u.a., den Menschenhandel einzudämmen und die Frauen auf vielen Ebenen besser zu schützen. Sie sagen, das Gesetz würde keinen erhöhten „Schutz“ zur Folge haben, sondern vielmehr das Gegenteil bewirken. Wie passt das zusammen?
Alle Sexarbeiter*innen müssten sich amtlich registrieren lassen, also ihre privaten Informationen einer staatlichen Datenbank zur Verfügung stellen und fortan einen sogenannten „Hurenpass“ mit sich herumtragen, um überhaupt arbeiten zu können. Dies würde ein erzwungenes Outing von Sexarbeiterinnen gegenüber der Regierung und der Gesellschaft bedeuten. Warum das so gefährlich ist? Dies würde die ohnehin schon vorherrschende Stigmatisierung des Berufs nur noch verschlimmern.
Es geht noch weiter: Sexarbeiterinnen, die sich gegen die Registrierung weigern, wären ab sofort illegal – sodass die Arbeiter*innen vom Gesetz in die Illegalität getrieben werden.
Anstatt den Sexarbeiter*innen zu helfen, mischt sich die staatliche Obrigkeit in die Leben der Sexarbeiter*innen massiv ein, was gesteigertes Misstrauen und mehr Feindseligkeit der Sexarbeiter*innen gegenüber den Behörden zur Folge hätte. Man kann sicher sein: Wenn da draußen ein*e Sexarbeiter*in Hilfe braucht, um nicht verschleppt zu werden, wird sie*er durch das neue Gesetz nur als allerletztes Mittel die Polizei kontaktieren.

In Ihren Augen könnte das Geld der Steuerzahlenden besser und sehr viel direkter in Initiativen wie der von Hydra e.V. verwendet werden. In a nutshell: Durch welche Maßnahmen fördert ihr das Empowerment von Sexarbeiterinnen?
Wir geben den Sexarbeiter*innen die nötigen Methoden und Informationen an die Hand, sodass sie selbst die Initiative ergreifen und eigene Entscheidungen treffen können, was ihre Arbeit und ihr Leben betrifft. Im Vergleich zu den staatlichen Methoden, – die die Sexarbeiterinnen nach dem Motto „das wird sie retten“ zwingen, bestimmten Vorschriften nachzukommen, – führen wir peer-to-peer-Fortbildungen auf Augenhöhe durch: Sexarbeiterinnen teilen ihre Erkenntnisse und Fähigkeiten mit anderen Sexarbeiterinnen. Nehmen wir also beispielsweise an, jemand ist in einer scheiß Arbeitssituation: Sie weiß direkt, dass sie gehen und sich an anderer Stelle einen neuen Job besorgen kann, oder aber wie sie an die richtigen Methoden kommt, um mit ihrem Boss oder ihren Kolleginnen fertig zu werden. Es ist ihre Entscheidung!

Heute Abend wird es slutty im Möbel Olfe: Für das Peerprojekt bei Hydra haben Sie eine Soliparty angekündigt, der Flyer verspricht Lapdances, Performances, Female DJs… Details, bitte!
Um 19:30 Uhr geht’s los. Wir haben ein all-female Lineup am Start: DJ Bella Cuts (Hip Hop), Amperia von den Dis/Tanz-Parties (Techno/UK Funky) und Frankie Kobain mit noch mehr Techno und House. Es wird eine Präsentation des Peer-Projekts bei Hydra durch die Mitglieder geben, außerdem Performances zu Sexarbeit von Mad Kate, Jenny Tale, Fake Orgasm Choir und eine Überraschungs-Poledance Peformance. Und ja – wir werden auch Lapdances verkaufen! Das ist die Gelegenheit einen zu bekommen, wenn du noch nie in einem Stripclub gewesen bist oder Angst hattest, dass das „nicht feministisch“ sei.