Von Hengameh Yaghoobifarah

Qualitativ hochwertige Schnürschuhe in kleinen Größen? Das sollte eigentlich keine große Herausforderung für den Markt sein, doch es zeigt sich schwieriger als erwartet, mit kleinen Füßen klassische „Männerschuhe“ zu finden. Zwei Schwestern machen sich das Füllen dieser Regallücke zur Mission und produzieren unter dem Label Matriarch Schuhe in einem weiten Größenspektrum. Um die Produktionskosten zu decken, gibt es seit letzter Woche eine Crowdfunding-Kampagne, die ihr hier unterstützen könnt. Warum ihr das tun solltet, erzählen Rachel und Sarah Waxman im Missy-Interview.

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Quality is equality: Unter diesem Motto läuft es sich genderneutral und bequem in den Schuhen. © Matriarch

Missy: Wer und was ist Matriarch?
Matriarch: Hinter Matriarch stehen die beiden Schwestern Rachel und Sarah Waxman aus San Francisco. Sarah lebt derzeit in Berlin und hat einen Hintergrund im Schuhbekleidungsdesign. Rachel lebt in New York City und kennt sich mit digitaler Werbung aus. Wir sind zwei von vielen Individuen, die über die Schuhoptionen für Frauen, Transpersonen und nicht-binär identifizierten Leuten sind. Wir haben es satt, dass Mode und Schuhe im Speziellen so stark in „männlich“ und „weiblich“ eingeteilt wird. Obendrein sind die Sachen aus der Männerabteilung meistens auch noch in besserer Qualität.

Was hat euch dazu verleitet, eure eigenen Schuhe zu produzieren?
Sarah hat in den letzten fünf Jahren für viele multinationale Marken innerhalb der Schuhindustrie gearbeitet. Dem voran war es einfach frustrierend, als Konsumentin nie die Schuhe zu finden, die sie gern hätte. Als Designerin war es dann noch ärgerlicher, bei solchen Firmen zu arbeiten, weil sie merkte, dass die Gründe für diese Tatsachen so tief verankert sind, dass sie nicht so leicht überwunden werden konnten. Die einzige Chance, an diese Schuhe zu kommen, war es also, selbst welche zu produzieren. „Männermode für Frauen“, ein in sich lächerliches Konzept, wird von der Modeindustrie als Trend verstanden und ignoriert die Tatsache, dass ein großer Teil der Bevölkerung diese Produkte als Standard haben möchte, weil sie ihrer Identität eher entspricht. Wir haben es satt, bloße Nebengedanken zu sein.

Die Schwester Rachel und Sarah stecken hinter dem Konzept und Design von Matriarch. @ Daniel Zana
Die Schwester Rachel und Sarah stecken hinter dem Konzept und Design von Matriarch. @ Daniel Zana

Wie werden die Schuhe produziert?
Sie werden in einem kleinen Familienbetrieb in Portugal produziert, in dem schon seit 60 Jahren Schuhe hergestellt werden. Dort kommen übrigens auch Produkte einiger der bekanntesten Luxusmarken der Welt her. Wir sind sehr froh darüber, diese Firma gefunden zu haben. Wir nutzen Veggie-Tan-Leder, da es das nachhaltigste Leder auf dem Markt ist. Veggie-Tan ist eine traditionelle, originelle Art, Leder zu färben – mit natürlichen Stoffen wie Baumrindentannin. Der Prozess ist viel langsamer und deshalb etwas teurer als Chromfärbung, durch welche die meisten kommerziell erhältlichen Lederprodukte ihre Farbe gewinnen.

Zukünftig wird es bei Matriarch Schuhe, Socken und T-Shirts geben. © JJ Thunderkat
Zukünftig wird es bei Matriarch Schuhe, Socken und T-Shirts geben. © JJ Thunderkat

Für wen sind die Schuhe?
Wir glauben, dass sie für alle da sind. Wir haben sie nicht „für Frauen“ oder „für Männer“ designt, sondern wollten einen klassischen Stil verbessern: längliche Brogues. Da wir uns dafür entschieden haben, nur Veggie-Tan-Leder zu nutzen, werden unsere Schuhe wahrscheinlich keine Impulskäufe sein. Wir sind auf der Suche nach Leuten, die mit der Slow-Fashion-Mentalität auseinandersetzen und identifizieren können. Leute, die lieber weniger und dafür besser kaufen.

Was macht Matriarch zu einem feministischen Projekt?
Matriarch ist ein feministisches Portrait, weil wir traditionelle Methoden ablehnen, die der „Club alter Typen“ befolgen, wenn es um das Erstellen neuer Produkte geht. In der Schuhindustrie, besonders in der Sportschuhindustrie, findet ein großer Teil der Innovation in Gedanken an Männer statt. Es geht bis zu einem Punkt, an dem Marken applaudiert wird, weil sie „weibliche“ Designs anfertigen, als wäre es so revolutionär, Frauen als Personen zu betrachten, die es wert sind, dass für sie etwas designt wird. Es könnte auch andersrum sehr gut funktionieren, also warum tut es das nicht?
Erfahrungen zeigen uns, dass der Grund hierfür die bereits genannten „Clubs alter Typen“ sind. Sie tendieren dazu für das zu designen, das sie kennen, was offensichtlich nur Männer sind. So werden Frauen zu Nebengedanken. Im Gegensatz dazu erkennt Matriarch an, dass Style- und Ästhetikpräferenzen (oder der Bedarf nach gut funktionierenden Produkten) nichts mit einem spezifischen Gender zu tun haben, und dass es darum geht eine Option zu produzieren, das Leuten erlaubt, nach diesem Prinzip zu leben.