Von Amelia Umuhire

Kennt ihr schon „Der Wedding kommt“? Die Serie, unter der Regie von Isabel Braak und mit den talentierten Banafshe Hourmazdi, Linda Marlen Runge und Sina Tkotsch in den Hauptrollen, kann als eine Kreuzung zwischen „Girls“ und „Ladykracher“ beschrieben werden. In den sechs kurzen, sketchartigen Folgen stehen von tauber Muschi bis zu modernen Beziehungen unterschiedliche Themen im Mittelpunkt, vor allem aber die Freundinnenschaft zwischen Mia, Roxy und Luisa.

Banafshe Hourmazdi, Linda Marlen Runge und Sina Tkotsch als Mia, Roxy und © Jerry Ködding / UFA LAB
Banafshe Hourmazdi, Linda Marlen Runge und Sina Tkotsch als Mia, Roxy und Luisa. © Jerry Ködding / UFA LAB

Ich habe Isabel Braak und Banafshe Hourmazdi in einem Weddinger Café getroffen und wir sprachen übers Filmemachen, rassistische Rollenangebote und männliche Egos am Filmset.

Wie kam die Serie zustande?
Isabel: Der Ansatz war, dass es in Deutschland keine richtige Frauenserie gibt, also wenn, dann sind das Serien, in denen es nur um Männer geht, und das Frauenbild ist oft ein bisschen problematisch. Wir wollten einfach ein Gegenformat entwickeln. Das war die Grundidee und dann haben wir gecastet und dann waren auch schon die drei Mädels dabei. Es ging alles wahnsinnig schnell.

Du hast davor einen Fernsehspielfilm gemacht: „Plötzlich Türke“, inwiefern bist du jetzt anders an das Format Webserie gegangen und was waren die Herausforderungen des Formats?
Isabel: Die Herausforderung war auf jeden Fall die Zeit. Bei Fernsehfilmen oder Kinofilmen hat man bis zu zwei Jahre Zeit und hier haben wir die Serie in 3 bis 6 Wochen entwickelt und gedreht. Wir haben die gesamte Serie, also die sechs Folgen, in vier Tagen gedreht. Das läuft viel improvisierter, was Vorteile hat, man ist freier, flexibler, hat aber auch Nachteile, weil es manchmal ein bisschen chaotisch werden kann.

Das Team bestand hauptsächlich aus Frauen. Merkt ihr einen Unterschied zwischen einem männlich dominierten Team und einem weiblich dominierten Film?
Banafshe: Ich fand es erst mal voll cool, bei einem Casting anzukommen, wo nur Frauen sind. Nicht ein einziger Mann im Raum und das hat dazu geführt, dass man direkt eine Chemie aufgebaut hat. Manchmal, wenn man mit Männern auf einem Casting ist, ist immer so ein „Sich-beweisen-Müssen“ im Raum. So junge, männliche Schauspieler wollen dann schon in den fünf Minuten alles raushauen, was sie draufhaben, und das war hier halt gar nicht.
Isabel: Ich komm ja von der Filmhochschule und ich war in einem Jahrgang von sechs Regiestudierenden die einzige Frau und da war auch erst mal so ein Rivalitätenkampf, den ich beobachtet habe. Und hier war es so, dass wir zum Beispiel mit den Autorinnen und den anderen Frauen im Team viele hitzige Diskussionen hatten und das produktiv war, weil wir alle eine starke Meinung hatten, aber produktiv und professionell diskutiert haben und uns geeinigt haben. 

Banafshe, was fandest du an Mia interessant? Habt ihr viele Gemeinsamkeiten?
Banafshe: Beim ersten Mal Lesen dachte ich schon, das passt ganz gut auf mich und dann habe ich von der Drehbuchautorin Valentina gehört, dass sie mich tatsächlich auch für die Rolle vorgeschlagen hat. Was ich so spannend an ihr finde, ist, dass sie so wie ich auch versucht, sich nach außen stark zu zeigen. Es passiert halt recht oft, dass man zum Beispiel in der U-Bahn angerempelt wird und dann schubst man zurück oder wenn jemand was Beleidigenes sagt, gleich kontert, aber das heißt ja nicht, dass es eine*n nicht trifft. So rassistische Sprüche kriege ich bestimmt 1 bis 10 Mal am Tag.

Echt?
Banafshe: Ja schon. Aber auch von Leuten, die ich kenne, „so aus Spaß“. So etwas wie „du kleine Araberin“ oder jetzt auch Witze darüber, dass ich jetzt nicht mehr in die USA einreisen darf. Und so etwas trifft mich ja schon. Selbst dieses gut gemeinte „Wo kommst du her?“, das nervt einfach irgendwann. Ich bin jetzt bald 27 und habe das Gefühl, dass ich mich immer noch so oft für meine Existenz erklären oder rechtfertigen muss. Und dann hab ich auch keinen Bock mehr und das lässt eine*n nach außen hart erscheinen, aber innen tut es dann doch weh.
Wie in der Liebesgeschichte, die wir erzählen. Ich kenne zum Beispiel nicht mehr viele Leute, die sich einfach verlieben und sagen, ja lass uns eine Beziehung führen, das ist ernst und dann ist man aber doch traurig, wenn die Person jemand anderen fickt. Oh Gott, hab ich jetzt ficken gesagt.

Wie weit sind die Rollen, die du angeboten bekommst, von den Rollen entfernt, die du gerne spielen würdest?
Banafshe: Bei Film und Fernsehen werden mir auf jeden Fall oft Rollen angeboten wie die geflüchtete Frau, ein bisschen liegt es auch daran, dass das ja gerade Konjunktur hat. Im Theater ist das nicht so. Das Theater ist da komischerweise schon weiter, obwohl es ähnliche Repräsentationsprobleme hat. Ich kriege aber auch nicht nur solche Angebote und glaube, dass sich das ändern wird. Jetzt hab ich schließlich in der Serie zum Beispiel nicht gebrochen Deutsch sprechen müssen. (lacht)

0b43204a7c80e8c9e6319b7650f49e6b KopieDer Wedding kommt
Regie: Isabel Braak
Mit: Banafshe Hourmazdi, Linda Marlen Runge und Sina Tkotsch
Erste Staffel läuft auf Funk.net.

Was sind die Herausforderungen für dich als Regisseurin und als Frau in der Filmindustrie?
Isabel: Ich glaube, die größte Herausforderung für Frauen und Männer ist, das Ego runterzuschrauben. Als Regisseur*in bist du ja erst mal dafür verantwortlich, das beste Team zusammenzustellen. Klar kann man auch überall reinreden, aber ich glaube, dass man Leuten die Freiheit geben muss, sich in ihrem Bereich auszuleben. Und als Frau ist es halt immer noch so, dass in manchen Bereichen, z.B. „Tatort“, Krimis, beim Fernsehen allgemein, die Jobs hauptsächlich an Männer vergeben werden. Die Herausforderung ist dann für mich als Frau, mich durchzusetzen, ohne aber wieder den Stempel der aggressiven Kampfemanze aufgedrückt zu kriegen. Aber ich merke auch, dass sich was in der Branche verbessert.

Was steht bei euch als Nächstes an?
Banafshe: Ich spiele in den Sophiensaelen bei einem Theaterstück namens „Meine Nase läuft. Deine Stars hautnah“ und es geht um viele lustige Faschisten und Faschistinnen, die blutig verenden. Es wird am 03., 04. und 05. März in den Sophiensälen aufgeführt.
Isabel: Ich arbeite gerade an einem Kinofilm. Der Arbeitstitel lautet “ Wenn Frauen Männern die Tür aufhalten“ und es geht um verweichlichte Männer und harte Frauen, aber es ist auch eine Liebesgeschichte und eine Komödie. Ansonsten können wir auch schon sagen, dass es sehr wahrscheinlich eine zweite Staffel geben wird.