Von Anna Mayrhauser

Paula ist siebzehn Jahre alt, klug und selbstbewusst. Sie besucht ein Gymnasium in der niederösterreichischen Provinz, genauer in Lanzenkirchen, nahe Wiener Neustadt. Sie ist in Charlotte aus ihrer Klasse verliebt, die aber eine erschütternd ernsthafte Beziehung mit dem Schüler*innenzeitungsredakteur Michael führt. Außerdem weiß Paula nicht so recht, was ihre Schulkollegin Lilly von ihr will, die sie einerseits immer wieder provoziert, aber auch offensiv anflirtet. Außerdem gibt’s da noch Tim, der wiederum in Paula verliebt ist, und ihre besten Freund*innen Marvin und Kathrin. So weit, so normal – nicht nur mit siebzehn.

So fühlt sich Siebzehnsein manchmal an. Manchmal auch nicht. @ Orbrock Film

Die österreichische Regisseurin Monja Art, selbst in den 1990er-Jahren in Lanzenkirchen aufgewachsen, betont bei der Österreich-Premiere ihres vor Kurzem mit dem Max-Ophüls-Preis ausgezeichneten Films in Graz, dass sie keinen Coming-out-Film drehen wollte. Stattdessen erzählt sie eine ruhige und authentische Coming-of-Age-Geschichte und ohne pathetisch zu sein von dem großen Pathos, den so eine Teenagerliebe oft mit sich bringt. Tatsächlich ist eine der großen Stärken des Films, dass „Siebzehn“ die Sexualität seiner Protagonist*innen niemals problematisiert. Dass Mädchen auf Mädchen stehen, ist für alle Teenager und scheinbar auch Erwachsenen in „Siebzehn“ selbstverständlich. Ihre Gespräche darüber, ob Charlotte wohl auf Paula steht oder nicht, hören sich genauso an, wie die darüber, ob Kathrin ihren Schwarm Mesut endlich ansprechen soll. Im Vergleich zu Filmen wie etwa Lukas Moodyssons „Fucking Åmal“, der vor mittlerweile fast zwanzig Jahren von zwei Mädchen, die sich – hier in der schwedischen Provinz – verlieben, erzählte, hat sich also einiges getan.

„Siebzehn“ ist ein bezaubernder Film, der abwechselnd das Gefühl auslöst, unbedingt wieder ein Teenager sein zu wollen und das alles auf keinen Fall nochmals durchstehen zu wollen. Wer eine Jugend in der österreichischen Provinz (und wahrscheinlich auch anderswo in ländlichen Regionen) verbracht hat, wird ein hohes Identifikationspotenzial verspüren. Die Sehnsucht nach Wien, das eigentlich gar nicht so weit weg ist, aber unendlich fern scheint, das irgendwie alternative Lokal, in dem ausschließlich Teenager verkehren, aber ein alter Mann das Bier und den Pfirsichspritzer ausschenkt (ohne je nach dem Ausweis zu fragen), die dramatischen Gespräche beim endlosen Warten auf dem Bus, der eine*n in die Schule und wieder nach Hause bringt – von all diesen Dingen erzählt Monja Art unaufgeregt und Caroline Bobeks Kamera findet nahe und unmittelbare Bilder dazu. Die jungen Schaupieler*innen, u.a. Elisabeth Wabitsch als Paula, zum Zeitpunkt der Dreharbeiten selbst 17 Jahre alt,  die teilweise auch Szenen improvisiert haben, sorgen ebenfalls dafür, dass sich „Siebzehn“ immer frisch anfühlt – egal, wie oft die Geschichte vom Erwachsenwerden schon erzählt wurde.

Siebzehn AT 2017. Regie: Monja Art. Mit: Elisabeth Wabitsch, Anaelle Dézsy, Alexandra Schmidt u.a., 104 Min., Kinostart: 28.04. Außerdem zu sehen auf der Diagonale – Festival des österreichischen Films in Graz am 01.04.

Es gibt viele kleine Momente, die in „Siebzehn“ von Freiheit und Sehnsucht erzählen. Einmal tanzen Marvin, Paula und Kathrin zu dritt alleine zu Wandas „Auseinandergehen ist schwer“ und singen laut mit. Jeder Machochismus dieser Band wird subversiert – nie hat sich Wanda besser angehört.