Von Dominique Haensell

Meine Freundin Martha ist in der Stadt. Eine gute Gelegenheit, um endlich all den spannenden Kram zu machen, für den ich sonst zu faul bin. „Aber nicht zu viel vornehmen“, lacht Martha. „Ich hab nämlich einen Vertrag abgeschlossen: I Will Always Do What I Say I Am Going To Do.“ Das muss sie mir erklären.

Vor zwei Jahren, auf der 56. Biennale in Venedig, hat sie eine Installation von Adrian Piper besucht, bei der sich die Teilnehmer*innen bestimmten Aussagen verpflichteten, wie etwa „integer“ oder „nicht käuflich“ zu sein. Die Verträge werden mit eine*r selbst abgeschlossen, registriert und ausgedruckt. Gemeinsam mit all denen, die sich für denselben Satz entschieden haben, bildet Martha seither eine Gruppe, deren Mitglieder sich untereinander vernetzen können. Das Werk, Pipers „The ­Probable Trust Registry: The Rules of the Game #1–3“, bietet den quasi institutionellen Rahmen, die Möglichkeit einer Wertegemeinschaft. Wie wir uns am Ende tatsächlich verhalten, liegt jedoch bei uns.

Adrian Piper. The Probable Trust Registry; The Rules of the Game #1–3
Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart – Berlin

Auf der Biennale 2015 hat Adrian Piper mit dieser Arbeit den Goldenen Löwen gewonnen, einen der renommiertesten Kunstpreise der Welt. 2018 wird ihr das MoMa in New York eine umfassende Retrospektive widmen. In Berlin, wo die Künstlerin seit über zehn Jahren lebt, zeigt der Hamburger Bahnhof derzeit „The Probable Trust Registry“. Piper, die schon seit den 1960ern künstlerisch tätig ist, trifft mit ihren Arbeiten – einmal mehr – den Nerv der Zeit.

1948 in New York City geboren gehört Piper der ersten Generation von Konzeptkünstler*innen an, Sol LeWitt war ihr Mentor. Neben der künstlerischen verfolgt Piper auch eine akademische Laufbahn: Sie studiert analytische Philosophie, promoviert in Harvard, unterrichtet in Stanford und Michigan und erhält 1987 als erste Schwarze Philosophin eine feste Professur. Die Erfahrungen, die Piper in diesem traditionell weißen und männlichen Umfeld macht, sind die der Außenseiterin, oder, wie sie es selbst nennt: der Anomalie. Piper, Tochter aus einer bürgerlichen Schwarzen Familie, ist sehr hellhäutig, sodass sie häufig als weiß gelesen wird. Gerade das stumme Hinnehmen der rassistischen Hierarchie zugunsten der Aneignung von weißen Privilegien, das sogenannte Passing, lehnt sie jedoch ab. Sie weigert sich, ihre Schwarze Herkunft zu verleugnen, und irritiert damit so manche eben noch wohlgesonnene Vorgesetzte und Kolleg*innen. Doch auch innerhalb Schwarzer Communitys eckt Piper an, weil sie nicht eindeutig zu…