Von Daniela Chmelik

Der Melancholie versprechende Titel „Das Alphabet der traurigen Frauen“ ist zugleich ernst und augenzwinkernd gemeint. Jeder der 26 Vierzeiler ist einem Frauennamen gewidmet. Manche Gedichte kommen etwas lahm rüber – so wie das Leben eben mitunter auch sein kann, mal geht das Metrum nicht auf, mal ist der Reim nicht astrein. Die Botschaft ist: Perfektion, piss off!

Mia Grau © Andree Weissert

Die lakonischen Texte thematisieren weibliche Selbstzerfleischung, Wirkungsbedürfnis, das Gefühl, immer ungerecht behandelt zu werden, auf unbestimmte Weise fehl zu sein. Sie beinhalten müßige Träume von einem besseren Ich, Zweifel, Selbstreflexion, Aggression. Inhalt und Form disharmonieren auf merkwürdige Weise und ergeben eine feine Ironie: „Céleste. Ach, Céleste – du verlässt das rauschende Fest. Und in der U-Bahn fragst du dich: ‚War ich heut peinlich oder nich’?'“ Oder: „Monika. Oh Monika – du trinkst gern Alkoholika. Du trinkst vor allem, wenn bekümmert, obschon das Trinken das verschlimmert.“

Mia Grau „Das Alphabet der traurigen Frauen“
Mit Illustrationen von Martin Fengel. Berlin Verlag, 64 S., 14 Euro

Wie wahr, wie wahr, denkt die Leserin da mit ertappt-zerknirscht-traurigem Schmunzeln. Die Autorin erfasst die Ambivalenz des Seins: heiter und trüb, schwarz und weiß. Mia Grau: gute Frau! Zum Humor Mia Graus passt ihre schmucke Kunstserie futur-nostalgischer Atomteller: blau-weißes Porzellanservice mit Bildern (nicht von Landschaft mit Mühle, sondern) von Atomkraftwerken. Bäm!