Von Stine Eckert

Doxing (auch: doxxing) bedeutet, private Informationen, wie zum Beispiel Klarnamen, Privatadressen, Ad­ressen und Namen von Arbeitgeber*innen oder Familienmitgliedern, Telefon- und Sozialversicherungsnummern oder auch „dead names“, also ehemalige Namen von trans Personen, ohne die Erlaubnis der Person, zu der die Daten gehören, ins Netz zu stellen.

©Collage/Missy Magazine

Andere können diese Daten dann nutzen, um die Person zu belästigen. Doxing ist vielleicht die komplexeste Form von Hass im Netz, der von verbaler Beleidigung bis hin zu Vergewaltigungs­- und Todesandrohungen reichen kann. Onlineräume sind nie „nur“ online. Das zeigt gerade Doxing deutlich. Onlineräu­me werden von Menschen mit Körpern aus Fleisch und Blut benutzt, Menschen, die dadurch auch in Offlineräumen zu Ziel scheiben werden können.

Das kann auf vielfältigste Art und Weise passieren: un­erwünschte Dinge, die per Post geschickt werden, Müll, der vors Haus gekippt wird, oder Schreiben an Arbeitgeber*innen, um Angestellte zu diskreditieren. Dass Hass im Netz Frauen in einer anderen Quantität, Qualität und Intensität trifft als Männer, haben mehrere Studien im englischsprachigen Raum gezeigt. Zum Beispiel die repräsentative Studie des US- amerikanischen Pew Forschungszentrums: Sie belegte, dass 18- bis 24-jährige Frauen disproportional von Stalking und sexueller Belästigung betroffen sind.

Dennoch wird Hass im Netz bisher kaum von der Gesell­schaft, der Polizei und den Betreiber*innen von sozialen Netzwerken anerkannt und auch strafrechtlich nur selten verfolgt. Erst im Mai 2017 hat der Deutsche Juristinnen­bund deshalb den Gesetzentwurf zur Ver­besserung der Rechtsdurchsetzung in so­zialen Netzwerken (kurz NetzDG) begrüßt.

Doch es gibt nur wenige wissenschaft­liche empirische Studien zum Thema Netzhass im deutschsprachigen Raum; der Aspekt Gender wird dabei meist nicht berücksichtigt. Für meine Studie zu Hass im Netz interviewte ich 109 Bloggerinnen aus Deutschland, der Schweiz, den USA und Großbritannien. Drei Viertel der Teil­nehmerinnen gaben an, beim Bloggen ne­gative Erfahrungen gemacht zu haben, von Hassbekundungen über Todes- und Verge­waltigungsandrohungen bis hin zu Stalking offline und – eben Doxing.

Prof. Stine Eckert arbeitet im Moment an einer Studie zu Doxing, für die sie noch Teilnehmer*innen sucht: Mehr Infos auf stineeckert.com.

Doch zu Doxing ist wenig bekannt: Wie spielt sich das ab? Welche Daten wurden wie und wo preisge­geben? Was wurde damit angestellt? Wie geht die Zielperson mit dem Eindringen in ihre Privatsphäre um? Welche Hilfe er­fährt die Zielperson von Polizei und Staats­anwaltschaft? Von sozialen Netzwerken? In ersten Interviews für meine aktuelle Studie deutet sich an, dass Doxing Zielpersonen schwer in ihrer Privatsphäre verletzt, ihr Leben online und offline beein­trächtigt, vor allem wenn Familienmitglie­der mitbetroffen sind – und es alle Betroffenen noch über Jahre hinweg beschäftigt.

Dieser Artikel ist zuererst in Missy 04/2017 erschienen.