Von Anna Mayrhauser

Santa Barbara, Kalifornien, 1979. Punk steckt gerade erst in den Kinderschuhen, der Demokrat Jimmy Carter regiert die USA, aber schon bald wird Ronald Reagan zum Präsidenten gewählt werden. Der 15-jährige Jamie (Lucas Jade Zuman) fährt am liebsten mit seinem Skateboard herum und lebt mit seiner Mutter Dorothea (Annette Bening) in einer alten Villa. Dorothea vermietet Zimmer: zum Beispiel an die punkige Fotografin Abbie (Greta Gerwig), die gerade Gebärmutterhalskrebs überstanden hat, und an den Handwerker und Exhippie William (Billy Crudup). Außerdem ist da noch Julie (Elle Fanning), Jamies beste Freundin, die mehr oder weniger bei ihm zu wohnen scheint.

Jamie und sein feministisches Vorbild Abbie. ©Splendid/Filmagentinnen

Als Jamies Pubertät ihn von seiner alleinerziehenden Mutter Dorothea zu entfernen droht, bittet diese Abbie und Julie um Mithilfe – schließlich soll aus Jamie ein netter Mann werden. Ganz ohne Konflikte läuft das natürlich nicht ab: Denn Jamie ist in Julie verliebt, und Abbie bringt ihm das Erwachsenwerden mithilfe radikalfeministischer Texte, der Musik der Hardcore-Band Black Flag und dem Besuch von Punk-Clubs bei – wovon Dorothea wenig begeistert ist.

Wie schon in „Beginners“ (2011) verarbeitet Regisseur Mike Mills, der Ehemann der Schriftstellerin und Regisseurin Miranda July, in „Jahrhundertfrauen“ (Originaltitel „20th Century Women“) seine eigene Familiengeschichte. Wurde „Beginners“ vom späten Coming-out seines Vaters mit 75 Jahren inspiriert, widmet sich Mills nun seiner Mutter, die 1999 an Krebs starb. Sie, Amy und Julie, in den 1920ern, 1950ern und 1960ern geboren, sind die titelgebenden „Jahrhundertfrauen“: In zahlreichen Rückblenden und collagenhaften Montagen erzählt Mills ihre Geschichte, in einfachen und klaren Bildern.

Jahrhundertfrauen“ US 2016. Regie: Mike Mills. Mit: Annette Bening, Greta Gerwig, Elle Fanning, Billy Crudup, Lucas Jade Zuman u. a., 118 Min..
auf DVD erschienen bei Splendid Film/WVG.

In den besten Momenten geht es dabei um Eltern und Kinder, die einander nie ganz verstehen können, um Chancen, die man eben hat oder nicht, je nachdem, in welchem Jahrzehnt man geboren wurde. In den schlechteren jedoch wird die Nostalgie süßlich und es bleibt eine oft erzählte Coming-of-Age-Geschichte vom Jungssein übrig – nur dieses Mal mit offen geführten Menstruationsgesprächen am Küchentisch. Das macht zwar Spaß und fühlt sich wohlig an. Doch es ist schade, dass gerade Dorothea als Charakter vage bleibt und auch Julie ein eher klischiertes Bild eines Generation-X-Mädchens abgibt.

Dieser Artikel ist zuerst in Missy 03/2017 erschienen.