Von Lisa Bolyos

„Wie kommen wir bitte nach Bratislava?“, spricht Mama aufgelöst ein Fräulein an der Haltestelle an. „Aber Sie sind doch schon … Sie sind hier in Bratislava“, antwortet das Fräulein verwundert. Mama lächelt hilflos. „Ich meine, in die Stadt Bratislava.“

© Vladimir Simicek / SME

Petržalka, erzählt die Protagonistin Elza, das ist die andere Seite von Bratislava – die Banlieues, der Ort, an dem es zurückkehrenden Exilant*innen und Besucher*innen aus dem ungleich feineren Norden der Stadt den Atem verschlägt: „Hier leben Wesen, von denen der übrige Teil der Weltbevölkerung denkt, dass sie gar nicht mehr existieren, dass sie längst ausgestorben sind.“ Auch Elza, Rebeka, Ian und Lukas Elfman leben in Petržalka. Tagsüber sitzen sie im Café Hyena und fühlen sich wie richtige Kunststipendiat_innen; nur muss abwechselnd eine*r Geld verdienen, damit die anderen drei von Kaffee und Zigaretten inspiriert der Kunst frönen können.

Aber dann stellt Elza schon wieder die Monogamie infrage; Ians Mutter erkennt ihre Kinder nicht mehr und Rebeka wird paranoid. Petržalka ist ein Ort, von dem man besser verschwindet – so wie Lukas Elfman, dessen Entscheidung Elza sehr gut versteht: „Wer nicht schon während des Lebens von den Toten aufersteht, der kann das nach dem Tod gleich ganz vergessen, hatte Christus irgendwo gesagt.“

Jana Beňová „Café Hyena“
Aus dem Slowakischen von Andrea Reynolds
Residenz Verlag, 176 S., 20 Euro

Die slowakische Schriftstellerin Jana Beňová („Abhauen“, 2015) erzählt in „Café Hyena“ von Langeweile und Sehnsüchten junger Erwachsener im Plattenbau. Sie hat den Traum von einem „richtigen“ Leben an einem „richtigen“ Ort in einen Roman gegossen, der sich aus stillen Beobachtungen der Protagonist*innen und ihrem nicht enden wollenden Nachdenken über das eigene Leben speist. Auch Beňovás zweiter Roman kommt ohne antiproletarischen Zynismus aus – aber auch ganz ohne Romantisierung eines Lebens abseits vom Wohlstand der glitzernden europäischen Zentren.