Natascha P. findet in der Musik die Möglichkeit, das auszudrücken, was die gesprochene Sprache nicht offenbaren kann. Deswegen brachte sie sich selbst das Produzieren bei und fing an, auf ihren Beats zu singen – als Ventil für die erbarmungslose Welt, in der wir leben. Als ihr Studio, in dem ein Computer, Midi-Keyboard und Mikrofon standen, abbrannte, geschah lange nichts. Doch der Phönix hat sich aus seiner Asche erhoben und mit ihm „Jylie“, die erste Single aus der Ende Januar erscheinenden EP „Muay Thai“.

Könnte die Hamburger Kunsthochschule mit Natascha P. eine neue Musikrichtung werden? @Kuno Seltmann

Dass Natascha P. ihre Musik selber produziert und veröffentlicht, ist ihr genau so wichtig wie die WhatsApp-Gruppe mit ihren Cousinen, die sie als Quelle ihrer künstlerischen Inspiration nennt. Für Nastascha P. gibt es ohnehin wichtigere Dinge, als über Musik zu sprechen: „Für mich ist Musik sekundär, an erster Stelle steht die Motivation, mit der ich etwas mache oder die mich zu etwas bewegt. Als Natascha P. geht es mir vor allem darum, Raum einzunehmen als Kanakin, die deutschen Pop macht. Jeden Morgen stehe ich auf und denke: Wie kann ich die Gesellschaft heute in den Arsch ficken? Dann mache ich mir einen Cappuccino.“

Mit Jylie und einem kläffenden Hund an ihrer Seite und in einer glänzenden Karre beweist Natascha P. allemal, dass deutschsprachiger Pop auch badass, experimentell und futuristisch sein kann – und dass Popkünstlerinnen keine eingestaubten Tropen bedienen müssen. Raum für Weltschmerz muss trotzdem sein, denn: „Jylie hat gesagt, dass sie die Welt da draußen gar nicht mag.“ Die Lyrics mögen simpel wirken, aber der Song klatscht einfach.

Natascha P. ist eine der coolen Künstler*innen des Hamburger Labels One Mother. Als Natascha P. und Preach sich bei einem Konzert von Boiband in Hamburg kennengelernt haben, merkten sie schnell, dass sie nicht nur die Liebe zu Musik verbindet oder die Tatsache, dass sie beide Putzfrauentöchter sind, sondern ihre gemeinsame Agenda: Die Welt ist düster, aber getwerkt werden muss trotzdem.

@Kuno Seltmann

Als Antwort haben sie One Mother gegründet, ein intersektionales Kollektiv aus PoCs, Femmes und Anarchopunks, die lieber selber machen, statt es einer heteronormativen weißen Mehrheitsgesellschaft zu überlassen. Die Beats bauen sie selbst, die Texte kommen direkt aus ihren Herzen und die Videos entstehen aus verfügbaren Ressourcen der Hamburger Kunsthochschule. Mit „Good Boy“ und „Jylie“ veröffentlichen sie nun ihre neuen Tracks und am 28.01. treten sie mit ihrem ersten Livekonzert die Türen des Maxim Gorki Theaters in Berlin ein.