Derzeit erleben wir eine Konjunktur rechtsextremer Ideen und Bewegungen, die sich zunehmend, in Europa und darüber hinaus, in Wahlerfolgen rechtspopulistischer Kräfte widerspiegeln. Dabei werden neue und alte Feindbilder gepflegt: Diese betreffen Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen, Religionen und Hautfarben, aber auch Errungenschaften in Bezug auf die Rechte von Frauen und LGBTQI-Personen in der Gesellschaft. Es handelt sich dabei um einen expliziten Antifeminismus, der die historischen Entwicklungen von Emanzipation und Geschlechtergerechtigkeit zurücknehmen möchte und die traditionelle Kernfamilie als „Keimzelle der Nation“ versteht.

©Tine Fetz

In den USA wurde mit den Women’s Marches bereits hierauf reagiert: Frauen, LGBTQIs und People of Color organisierten sich gemeinsam, um einer Regression entgegenzutreten, die sowohl ihre Identitätsgruppen, aber auch die gesamte Gesellschaft betrifft. Ausgehend davon sehen wir in den derzeitigen feministischen Bewegungen ein wichtiges Potenzial für die Formierung einer gesellschaftlichen Kraft gegen Rechtspopulismus und Faschismus, die über „Frauenfragen“ hinausgeht und verschiedene Felder der Gesellschaft einbinden kann: Inwiefern können Feminist*innen für Allianzen gegen ausgrenzende Politik produktiv aktiv werden?

Mit prominenten Akteur*innen aus dem Feld, wie Karen Taylor (politische Referentin für Menschenrechte am Bundestag), Anne Wizorek (Feministische (Netz-)Aktivistin, #Aufschrei) und Andreas Kemper (Experte zu rechtem Antifeminismus), möchten wir Fragen angehen wie: Wie ist der Rechtspopulismus und -extremismus zu Genderfragen aufgestellt? Was bedeutet Antifeminismus konkret hierzulande heute? Welche Rolle können Frauen und LGBTQIs in der Auseinandersetzung mit Rechtspopulismus spielen? Welche Strategien und Allianzen sind möglich, welche haben sich bewährt? Wie kann ich mich konkret engagieren? Wo und wie können wir uns einbringen?

Karen Taylor – u.a. politische Referentin für Menschenrechte am Bundestag. Dort ist sie für Antidiskriminierungspolitik in Deutschland sowie für Menschenrechtsverletzungen in Westafrika zuständig. Bei EOTO (Each One Teach One), einem communitybasierten Empowerment Projekt für Schwarze Menschen in Deutschland, ist sie zuständig für die politische Kommunikation. Außerdem aktiv in der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (ISD), wo sie sich u.a. für eine postkoloniale Erinnerungskultur im Berliner Stadtbild und rassismussensiblen Feminismus starkmacht. Teil des Koordinationsteams, das sich für die Umsetzung der UN-Dekade für Menschen afrikanischer Abstammung in Deutschland einsetzt, sowie Vorstandsmitglied des Europäischen Netzwerks gegen Rassismus (ENAR). Karen Taylor ist stellvertretende Landesvorsitzende der Arbeitsgruppe Migration und Vielfalt der SPD Berlin (u.a. Veranstaltungsreihe Frauen.Macht.Vielfalt!).

Anne Wizorek – Autorin und feministische Aktivistin, stieß durch das Hashtag #aufschrei im Jahr 2013 eine Debatte zu Alltagssexismus an (Grimme Online Award). In ihrem Buch „Weil ein #aufschrei nicht reicht – Für einen Feminismus von heute“ (Fischer Verlag) entwirft sie eine moderne feministische Agenda. Unter dem Schlagwort #ausnahmslos veröffentlichte sie im Januar 2016 mit 21 anderen Aktivistinnen ein Statement gegen sexualisierte Gewalt und Rassismus (Clara-Zetkin-Preis für politische Intervention). Als Mitglied der Sachverständigenkommission arbeitete Anne Wizorek am 2. Gleichstellungsbericht der Bundesregierung mit.

Andreas Kemper – Spezialist zu Antifeminismus und dem Frauenbild der AfD. Andreas Kemper ist Soziologe, mehrere Publikationen zu den Themenfeldern Klassismus, Organisierter Antifeminismus und Neue Rechte. Entsprechend engagiert er sich am Institut für Klassismusforschung, dem AK Rechts des Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung (DISS) und in der Redaktion einer Onlineenzyklopädie zu antifeministischen Diskursen und Netzwerken (im Aufbau).

Margarita Tsomou – griechische Autorin, Verlegerin, Dramaturgin und Kuratorin. Sie gibt das popfeministische Missy Magazine mit heraus und schreibt für deutsche Zeitungen und Radio. Im Rahmen ihrer Tätigkeiten kooperiert sie mit Institutionen wie HAU Hebbel am Ufer, Kampnagel Hamburg, Volksbühne Berlin, Haus der Kulturen der Welt, Heinrich-Böll-Stiftung, Goethe-Institut Athen, Münchner Kammerspiele, Onassis Cultural Foundation Athen u.a. Ihr jüngstes Projekt war eine Veranstaltungsreihe im diskursiven Programm von Paul B. Preciado der documenta 14. Ende des Jahres veröffentlicht sie ihre Dissertation mit dem Titel „Die Repräsentation der Vielen“. Sie gehört dem Verlagskollektiv b_books und der künstlerischen Aktivistinnengruppe Schwabinggrad Ballett an.

Mit freundlicher Unterstützung der Rosa-Luxemburg-Stiftung.