Von Nadine Schildhauer

Die 21-jährige Rapperin Yetundey stellt sich mit ihrer energetisch-selbstironischen Debüt-EP „See No Evil“ vor. Der erste Song „Yeye From Africa“ parodiert vor allem sie selbst. „Yeye“ steht für die Kurzform von Yetunde, ihrem zweiten Vornamen. Für den Style hat sie ihren Künstlerinnennamen um ein Y ergänzt. „Der Song handelt von mir als Schwarze in Sachsen“, erzählt sie. Darin haut sie eine Punchline nach der anderen raus. So steigt sie ein mit der Line: „I’m Yetundey and I’m a true Nadja (Kurzform für Nigerianierin), but I no speak the proper African grammar.“

©Yetundey

„Meine Eltern sind vom nigerianischen Yoruba-Clan. Ich spreche aber leider die Sprache nicht und kenne nur einige Wörter und Sätze. Das ist mein Versuch, den nigerianischen Dialekt zu imitieren. Yoruba ist eine coole Sprache. Mir gefällt der Klang.“

Deutscher Rap findet sich nur in Fetzen auf der EP, die Songs sind durchgängig auf Englisch: „Isch bin a rischtiger Sachse“, witzelt Yetundey und wechselt dann wieder ins Hochdeutsche. „Tatsächlich ist Englisch die natürlichste Sprache für mich. In der Grundschule war ich an einer International School. Meine Mama ist halb Französin, halb Nigerianerin, wir sprechen zu Hause Deutsch, Französisch und Englisch, weshalb ich mein Abitur auf einer AbiBac-Schule, einem deutsch-französischen Gymnasium, abgelegt habe.“

©Yetundey

Die Idee zum letzten Song Djinn lieferte die gleichnamige frankobelgische Comicreihe von Jean Dufaux. Der Song fasst die 13 Bände des bande dessinée (der französische Genre-Begriff für literarisch-künstlerische Comics) zusammen. Die beiden zentralen Figuren sind die englische Kim Nelson und ihre Großmutter Jade, die die letzte Favoritin des Sultans war. Beide verfügen über magische Verführungskräfte: „Gott, ich hab die Comics durchgesuchtet. Mir haben die Magie und die Stärke gefallen”, erzählt Yetundey. „Sie sind nicht die Opfer, die den Männern verfallen, sondern umgekehrt. Sie können Sultane dazu bringen, Entscheidungen zu treffen. Sie können die Stämme in Afrika dazu bringen, die Weißen rauszuschmeißen.“ Die Rapperin ist ein Fan der Pentatonik-Skala, und so gehören auch arabisch-afrikanische Tonleitern zu ihrem Sound. Ihr Song Djinn beweist, dass sie ihre Rhythmik auch mit zunehmendem Tempo nicht verliert und treibenden Rap und souligen Gesang fließend miteinander kombinieren kann.

Yetundey kann keinem Rap-Genre zugeordnet werden. Ihr Chamäleon-Style funktioniert in allen Rap-Genres und ist so sauber produziert, dass man sich fast eine dreckige Schlafzimmerproduktion auf ihre EP wünscht, die ihren eigenen Sound noch stärker definiert. Auf die Frage, welcher Song sie am meisten repräsentiert, überlegt Yetundey kurz und erklärt dann: „Ich glaube tatsächlich Terrorist, auf jeden Fall vom Flow, Humor und von den Skills her. Für den musste ich extrem lange üben, um die Aussprache auf das Tempo so tight zu bekommen. Ursprünglich war der 150 bpm, und ich bin auf 144 bpm runtergegangen, damit die Lyrics verständlicher sind.“

©Yetundey

Terrorist wartet mit tiefen Bässen, zynischen Raps und ernster Stimme auf und gehört neben Djinn zu den beiden stärksten Songs auf der EP. Den Song hat sie um die Line I am a terrorist, write me on your terror list herum aufgebaut: „Ich habe terroristische Klischees und historische Ereignisse zu meinem Gunsten umgedichtet, z.B. I make towers collapse thats the power I have oder I’m so fly I don’t need to die to get 72 vigins, aye, um diesen Worten Ihre Macht zu entziehen. In dem Song verübe ich einen Anschlag auf die Musikindustrie mit einer musikalischen Bombe. Das ist die Message“, stellt sie klar.

Auf See No Evil finden sich Elemente von Afro-Beats, Trap und UK-Grime, ohne sich auf eins der Genres festzulegen. Als Selbstbezeichnung wählt Yetundey Tribal Hip-Hop: „Ich bin Songwriterin und dadurch bin ich musikalisch auch nicht eingeschränkt. Ich wohne mit zwei Produzenten zusammen und bei uns zu Hause läuft alles von klassischer Musik über Hardcore-Trap bis zu 2000er-Musik.“ Derzeit beeinflussen sie besonders UK-Rapperinnen wie Lady Leshurr, Little Simz und Skepta: „Ich finds cool, wie Lady Leshurr ihre Reime formuliert und Vergleiche zieht. Das flowt unglaublich. Das habe ich versucht einzubauen.“ Sie nimmt sich aus der Musik, was ihr gefällt. So auch amerikanischen Rap von Eminem bis Kendrick Lamar. „Busta Rhymes hat auch großen Einfluss auf mich, einfach vom Speed her. Ich will sehen, wo das Metronom mir die Limits setzt.“