Von Katharina Payk

Rund um Trans* gibt es viele Kontroversen zu Begriffen. Ist das ein großes Thema in den Trans Studies?

Das ist mittlerweile wieder ein heißes Eisen geworden, ja. Als ich mit dem Buch bzw. meiner Dissertation anfing, war „Transgender“ noch der übliche Oberbegriff. Heute gibt es viel mehr, z. B. die Sternchen- oder Unterstrichschreibweise oder auch „trans*“ als Adjektiv. Der Unterstrich ist vor allem im akademischen Bereich angekommen und auch im Aktivismus. Aber umso akademischer die politischen Kämpfe von Trans*, Queer, Feminismus etc. gefochten werden, umso härter wird um Begriffe gestritten und umso mehr Ausschlüsse finden statt, ist mein Eindruck.

Persson Perry Baumgartinger © Egmont Hartwig

Im Buch wird immer wieder eine sogenannte intersektionale Perspektive eingenommen, die die Verwobenheit von Trans* mit anderen Bewegungen betont, etwa denen von Feminist*innen, von People of Color, Menschen mit Be_Hinderungen. Wieso ist das besonders wichtig?

Eine differenzierte Herangehensweise entgegnet Populismus und Stereotypisierung. Bei den Trans Studies liegt diese Herangehensweise auch und gerade deshalb nahe, weil sie historisch aus einer Vielfalt von Kritik an Geschlechternormen entstanden sind – von Feminist*innen, von People of Color und anderen. Und dann gibt es aber auch wiederum eine Kritik von Trans* und Inter* an bestimmten Konzeptionalisierungen von Geschlecht, z. B. innerhalb von Feminismen.

Ein- und Ausschlussmechanismen finden sowohl gegenüber trans* Menschen als auch innerhalb von Trans* Communitys statt – differenzierte Auseinandersetzungen damit sind daher sehr wichtig. Auch in Bezug auf die Frage nach den Visionen und Zielen von Trans*: Wo wollen die Trans Studies als politisches Projekt hin?

Je differenzierter gearbeitet wird, desto weniger ist man institutionalisierbar, disziplinierbar. Es stellt sich sowohl bei den Queer als auch bei den Trans Studies immer die Frage, inwieweit man im Mainstream bzw. im akademischen System anerkannt sein will. Konkret: Sollen sich die Trans Studies disziplinieren, um eine Wissenschaftsdisziplin zu sein?

Du hast schon die Verwobenheiten der Trans Studies mit feministischen Strömungen erwähnt. Warum gibt es einerseits diese Verbundenheiten und andererseits die Abgrenzungen?

Von Feminist*innen gibt es ganz viele Ausschlüsse gegenüber trans* Personen – von trans* Frauen seien keine „richtigen“ Frauen bis hin zu trans* Männer seien Verräter des „Frauseins“ usw. Was es aber auch gibt, sind konstruktive Beiträge aus bereits früheren Zeiten. Mich hat es sehr gefreut, u. a. in zwei Wiener feministischen Zeitschriften, nämlich in den „an.schlägen“ und in „fiber“, Beiträge aus den 1990ern zu finden, die sich positiv mit dem Thema Trans auseinandersetzen – in einer Zeit, in der gerade viele Ausschlüsse z. B. aus feministischen Räumen stattfanden. Auch schwule Communitys schließen aus. Aber die (queer-)feministischen Ausschlüsse werden viel mehr thematisiert. Ich wollte in dem Buch besonders betonen, dass transfeministische Theorien und Praxen nicht neu erfunden werden müssen – es gibt sie schon.

Persson Perry Baumgartinger „Trans Studies. Historische, begriffliche und aktivistische Aspekte“ Zaglossus, 322 S., 19,95 Euro

Die Trans Studies sind ja wie die Queer Studies im europäischen Raum wenig verbreitet und werden wenig gelehrt an den Universitäten. Warum ist es trotzdem wichtig, von Trans Studies in Österreich oder Deutschland zu sprechen?

Trans Studies sind eine ernst zu nehmende Forschungsrichtung, die die Gender Studies sehr beeinflusst hat und trotzdem gerade dort nicht genug gewürdigt wird. Mein Buch soll eine Würdigung der Trans Studies sein und gleichzeitig der Verweis an alle darauf: Es gibt sie, schaut hin, nehmt sie ernst. Der akademische Name Trans Studies ist dabei ein wichtiges Label: Als trans* Aktivismus benannt würden sie von der wissenschaftlichen Welt nicht gelesen werden. Außerdem sind Trans Studies ja keine fixe Kategorie. Die Trans Studies gibt es nicht.