Von Ina Holev

Triumphierend stellen Ilana und Abbi, die jüdischen Protagonistinnen der Comedyserie „Broad City“ diese Anzeige ins Netz: „Wir sind einfach zwei Jüdinnen, die Geld machen wollen.“ Ein Akt der Selbstermächtigung – gleich zu Anfang der Serie. Denn Abbi und Ilana spielen nicht nur auf das antisemitische Stereotyp der reichen, aber weiterhin geizigen Jüdinnen an. Sie nutzen im englischsprachigen Originalton auch das Wort „Jewess“ – eine abwertende Bezeichnung speziell für Jüdinnen. Ilana und Abbi setzen sich in „Broad City“ mit Selbstironie zur Wehr – gegen sexistische und antisemitische Vorurteile.

© Sasha Zilbermann

In den USA sind TV-Serien mit jüdischen Protagonist*innen nichts Neues. Von einer solchen Normalität sind wir in Deutschland noch weit entfernt, auch wenn die im Juni 2017 eingeführte „Tatort“-Kommissarin Nina Rubin, gespielt von Meret Becker, einen Lichtstreif am Horizont bietet. Gleichzeitig sind jüdische Figuren oft total überzeichnet. Das mag auf den ersten Blick witzig sein: Sie treten als überfürsorgliche Mütter auf, die ihre Söhne unter Druck setzen. Oder auch als oberflächliche Jewish American Princesses, die den ganzen Tag mit Shoppen beschäftigt sind. Die Qualität von Sitcoms wie „Big Bang Theory“ ist umstritten, dennoch gehören sie zu den aktuell beliebtesten TV-Formaten. Die überfürsorgliche Mutter in dieser Serie bekommen wir nicht einmal zu sehen. Sie ist eine entkörperte Stimme, die nur schrill aus dem Off schreit.

Weibliche jüdische Charaktere werden meistens als hysterisch, besitzergreifend und neurotisch dargestellt. Das macht sie als Frauen für den Fernsehmainstream zu unattraktiven Figuren, mit denen sich das Publikum nur schwer identifizieren kann. Was auch öfters vorkommt: Brave Nice Jewish Girls, die nur als Heiratsmaterial dienen. Genau diese Einseitigkeit ist problematisch, denn nicht jede*r kann über die überzeichneten Stereotype lachen, verfestigen sie Klischees, die manche Zuschauer*innen ohnehin im Kopf haben, wenn es um Jüdinnen geht. Wo bleiben also weibliche, zeitgemäße, feministische und jüdische Fernsehprotagonist*innen?

In den 1990ern begegnet „Die Nanny“ Fran Fine den Zuschauer*innen. Sie kehrt das Stereotyp der Jewish American Princess um, indem sie mit Humor und schriller, modischer Hyper­femininität Klischees karikiert und auf die Spitze treibt. Für die Probleme jüdischer Millennials traten in den späten 2000ern dann auch zwei der vier Protagonistinnen der Serie „Girls“ rund um Lena Dunham ein. Doch ihr Jüdischsein wurde, abgesehen von gelegentlichen Referenzen, kaum thematisiert.

Auch im Mittelpunkt von „Broad City“ steht der Millennial-Alltag in New York. Zwischen schlechten Nebenjobs und Slacker*innentum steht bei den beiden Mittzwanzigern Abbi und Ilana vor allem eins an erster Stelle – die bedingungslose Freund*innenschaft zueinander. Sie teilen alles: Probleme, Gras und manchmal ruft Ilana ihre beste Freundin Abbi auch beim Sex per Videochat an. Doch auch ihre gemeinsame kulturelle und religiöse Herkunft teilen sie. Beide Freundinnen sind jüdisch. „Broad City“ wird oft mit „Girls“ verglichen. Doch die Serie schafft mehr: eine ironische Reflexion über Weißsein im US-Kontext, insbesondere für Jüdinnen. Sie sind irgendwo dazwischen, manchmal nicht äußerlich von christlich-weißen Menschen zu unterscheiden, aber mit einem kulturellen Hintergrund, der sie vom Rest Amerikas abhebt. In „Broad City“ wird zudem stets die Spannung von Weiblichkeit und Judentum ausgehandelt.

Seit September 2017 läuft die vierte Staffel von „Broad City“ im US-Fernsehen. In der e…