Von Maxi Braun

Kranke Kaninchen und Pferde versorgen – Tiermedizin ist noch immer einer der Mädchentraumberufe schlechthin, Tendenz steigend. An den fünf deutschen Hochschulen, die den Studiengang Veterinärmedizin anbieten, sind 95 Prozent der Studienanfänger*innen Frauen. Die meisten entscheiden sich aus idealistischen Gründen dafür. Die Ernüchterung tritt jedoch nicht ein, wenn der eigene Arm bis zur Schulter im Darm einer kranken Kuh steckt – Studienabsolvent*innen wissen um die körperlichen und emotionalen Anforderungen. Vielmehr resultiert sie aus den Arbeitsbedingungen, beginnend bei der Entlohnung. Von einem Bruttoeinstiegsgehalt, wie es bei Humanmediziner*innen üblich ist (etwa drei- bis viertausend Euro), können Tierärzt*innen nur träumen. Außer sie gehen in die Privatwirtschaft, in die pharmazeutische oder die Fleischwaren- und Lebensmittelindustrie.

 

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Besonders prekär ist die Lage für jene, die in die Forschung wollen. Anfang 2015 klagte ein Münchner Tierarzt in einem anonymen Brief an, dass Doktorand*innen an der Tierklinik der Ludwig-Maximilians-Universität für Symbolhonorare von zehn bis 450 Euro pro Monat Vollzeit arbeiten würden, Not- und Wochenenddienste kämen noch obendrauf. Das Prinzip der Uni: kostenlose Ausbildung für kostenlose Arbeitskraft. Im Juni 2015 zogen Tierärzt*innen der Universität Leipzig mit ihrem Protest nach. Derart unter Druck gesetzt handelten die Hochschulen. Seitdem wird die tatsächliche Arbeitszeit mit dem Mindestlohn vergütet – für examinierte Tierärzt*innen wohlgemerkt.

Viele steigen daher direkt als angestellte Praxisassistent*innen in private Praxen oder Kliniken ein, wo die Konditionen verglichen mit jenen an einer Hochschule üppig scheinen. Das Bruttogehalt liegt hier im Durchschnitt bei 2500 Euro – 1200 Euro für eine 55-Stunden-Woche in der Pferdepraxis sind aber nicht selten. Tariflöhne gibt es in der Tiermedizin nicht, das Gehalt variiert nach Praxisart, Standort und Geschlecht.

Eine Dissertation von Bettina Friedrich aus dem Jahr 2007 ist die aktuellste Studie zu den Arbeitsverhältnissen von Praxisassistent*innen.

Sie berücksichtigte erstmals auch das Geschlechterverhältnis und den steigenden Frauenanteil in der Veterinärmedizin.
Zum Zeitpunkt der Erhebung waren bereits 75 Prozent der Angestellten in der Tiermedizin weiblich, laut Statistik der Bundestierärztekammer stieg die Zahl 2016 auf 83 Prozent. Unter anderem belegt Friedrichs Studie, dass Frauen bei gleicher Leistung im Schnitt fünfhundert Euro weniger Einstiegsgehalt bekommen. Dafür hat die 31-jährige Anna Leymann, die fünf Jahre als Tierärztin gearbeitet hat, eine Erklärung: „In jedem Bewerbungsgespräch wurde ich gefragt, ob ich einen Partner habe und Kinder will. Männer haben da eine ganz andere Verhandlungsposition. Wenn ich einen Job nicht für 1200 Euro mache, stehen 15 Tierärztinnen hinter mir Schlange, die ihn wollen.“

Eine Erhebung, die 2017 in der „Berliner und Münchener Tierärztlichen Wochenschrift“
veröffentlicht wurde, bestätigt das. In der Veterinärmedizin klafft der Gender Pay Gap bei Angestellten bei acht Prozent, bei niede…