Seit den 20er-Jahren gilt der White Cube als vorherrschendes Ausstellungskonzept für Kunst. Der weiße Raum öffnet sich jedoch nur sehr zögerlich gegenüber schwarzem Sound: Traditionell weiße musikalische Richtungen werden ohne Probleme in den Kunstraum integriert – Blues, Jazz, Hip Hop oder Drum ’n‘ Bass kommen dagegen kaum vor.

Die deutsche Künstlerin Ina Wudtke und der belgische Philosoph Dieter Lesage haben jetzt eine Ausstellung kuratiert, die dieses erstarrte Konzept aufgreift, um damit zu brechen. Black Sound White Cube bezieht sich auf ihr gleichnamiges Buch, das letztes Jahr im Löcker Verlag erschienen ist.

Dass sich die Diskurse des schwarzen Sounds und der bildenden Kunst oft überschneiden, zeigt laut Wudtke und Lesage eine ganze Generation von KünstlerInnen. Zehn von ihnen haben sie für ihre Ausstellung gewonnen: Es werden Arbeiten von Sanford Biggers, Sonia Boyce, Nate Harrison, Jennie C. Jones, Minouk Lim, Yvette Mattern, Robin Rhode, Nadine Robinson, Maruša Sagadin und Ina Wudtke selbst vorgestellt. Außerdem werden Vorträge und Gespräche mit den KünstlerInnen in das Konzept integriert.

Sonia Boyce ist eine der KünstlerInnen und war in den 80er-Jahren in Großbritannien im Black Arts Movement mit Arbeiten zu Rassenidentität und Geschlecht aktiv. Sie zeigt im Rahmen von Black Sound White Cube eine Video-Installation mit dem Titel CROP OVER. Crop Over Carnival, das ist der Erntedank-Karneval auf Barbados. Boyce verbindet diesen mit der Geschichte des transatlantischen Sklavenhandels. Im Video kommentieren Kunsthistoriker die Figuren des Karnevals. Gleichzeitig zeigt Boyce die aufregende Welt der Maskerade.

Das Herz von Black Sound White Cube ist das riesige Soundsystem der Künstlerin Nadine Robinson. Die wurde 1968 geboren, wuchs in Jamaika auf und lebt heute in New York. Sie bringt Materialien wie Haarteile, DJ-Equipement sowie Tonaufnahmen von spirituellen und traditionellen Reden, Predigten oder Songs zusammen, die alle auf die afroamerikanische Diaspora verweisen. Indem Robinson diese traditionellen Ausdrucksformen widerspiegelt, verweist sie gleichzeitig auf die langjährige Parallelexistenz von afroamerikanischer und weißer Kultur. Die kronenähnliche Form ihrer Installation Coronation Theme: Parousia deutet auf mehreren Ebenen auf die Jamaikanische Musikkultur hin: Robinson greift damit auch auf die Reggae-Traditon zurück, die unter anderem durch die Krone Haile Selassies repräsentiert wird. Die Rastafari-Bewegung lehrt nämlich die Göttlichkeit dieses letzten äthiopischen Kaisers.

Auch die Kuratorin Wudtke ist mit vier zusammenhängenden Arbeiten bei Black Sound White Cube künstlerisch vertreten. In ihrem komplexen Beitrag verknüpft sie die Tradition der Jazzbeerdigungen aus New Orleans in einer gezeichneten Serie mit dem Widerstand der Leute, die nach dem Sturm Kathrina ihre Wohnungen verloren haben, gegen die unsoziale Lokalpolitik. Wudtke zieht zudem eine Parallele zu Berliner MusikerInnen, die ebenfalls gegen hohen Mieten und für ihr Bleiberecht kämpfen müssen.

Mehr Infos zu allen KünstlerInnen und ihren Beiträgen sowie das komplette Programm für die Vorträge und KünstlerInnengespräche findet ihr unter: www.blacksoundwhitecube.com

Wann & Wo:

10.07.-28.08.2011, täglich 12-19 Uhr, Kunstquartier Bethanien / Studio 1, Mariannenplatz 2, 10997 Berlin

Der Eintritt für die Ausstellung und die Vorträge kostet 3 Euro. Für Kinder und Jugendliche, Azubis, StudentInnen, SozialhilfeempfängerInnen, Schwerbehinderte und RentnerInnen ist der Eintritt frei.

Eröffnet wird Black Sound White Cube am 09.07. von 17 bis 21 Uhr.

Foto: Ina Wudtke, Parade, 2010, Videostill