Genauer gesagt: Respekt, Etikette und Unterstützung – drei Dinge, die ich mir im Alltag, also jeden Tag, nicht nur samstags oder unter Freund_innen, wünsche. Auf durchschnittlich drei respektlose Begegnungen, ganz gleich in welchem Umfeld, erfahre ich (bislang) eine angemessene, fast immer große Unsicherheit und/oder Vorurteile beim Gegenüber und zuweilen schlicht Hass. Und trotzdem bin ich überzeugt, und zwar jeden Tag: Das muss nicht sein, das lässt sich ändern. Aber was ist in diesem Zusammenhang überhaupt “un/angemessen”? Und wie sieht Unterstützung aus?

Wie schon in Teil 1 und Teil 2: Ich kann und ich will nicht für alle Transmenschen sprechen – wir sind alle, eigentlich nicht so überraschend, Unikate und denken (auch) über Transthemen unterschiedlich – weshalb ich diesen Beitrag bewusst “Billys Trans-Basics” nenne.

Mich selbst hat vor Jahren u.a. “Respect, Etiquette & Support. Ein Zine für Freunde und Verbündete von Transgender” informiert (Cover hier), das mir ein Freund eines Tages zusteckte. Dieses Zine ist eine deutschsprachige Version von Micah Bazants “Trans Respect/Etiquette/Support 101”, an dem ich mich in diesem Beitrag orientiere.

Wenn Ihr konstruktive Kritik, Zustimmung, Verbesserungsvorschläge usw. habt, dann kommentiert oder macht ein eigenes (digitales) Zine.

Vornamen

Wenn Du meinen alten, mir von meinen Eltern aufgezwungenen Namen kennst, behalte ihn für Dich (ehemaliges Pronomen inklusive). Ich möchte auch nicht gefragt werden, ob mein jetziger Namen mein “echter” oder „richtiger“ Namen sei, Du vielleicht? Auch wenn Du z.B. Apotheker_in bist und mich damit beruhigen willst, mir zu sagen, Du seist halt “so neugierig”. Wenn ich will, dass Du meinen alten Namen weißt, dann sage ich ihn Dir. Versprochen.

Bemerkungen über Geschlechtsimplikationen meines Namens – lass‘ es bitte bleiben, solange ich’s Dir gegenüber nicht selbst vereindeutige(n will). Oder frag‘ nach, respektvoll.

Vermutungen anzustellen, in welche “Richtung” ich mich bewege – lass‘ es bitte bleiben. Ich bin als FtM beim Outing schon als “biologischer Mann” gedeutet worden, der sich “im Übergang zur Frau” befindet. Da fand ich die höfliche Nachfrage einer Lady eleganter: “Darf ich fragen, trans-wohin?”

Außerdem gibt es sehr viele Wege, sich zu verändern, nicht nur (m)einen: Brüste abbinden, Operation(en), Hormone, Namens- und/oder Personenstandsänderung sind einige der möglichen Schritte. Als Transmensch habe ich das Recht, keine, alle, oder einige dieser Veränderungen vorzunehmen – und zwar in jeglicher Reihenfolge.

Passing

Beurteilungen über meine UnFähigkeiten zum passing abzugeben wie “Wenn du (nicht) … würdest Du besser durchgehen/ könnte ich dein Geschlecht akzeptieren.” sind deplatziert. Ich weiß selbst, dass ich in dieser Gesellschaft in den meisten Kreisen “männlich/er” wirkte, wenn ich z.B. bei frauen-, lesben- und schwulenfeindlichen Witzen mitlachte, einen armeetauglichen Haarschnitt und/oder einen Bart trüge, mich krampfiger um einen gay-szenetauglichen Körper bemühte oder Ladies mit idiotischen Sprüchen anmachte und mich, selbst im Bett, im (Schlaf-)Anzug kleidete. Das ist aber nicht meine Vorstellung und nicht mein Ausdruck von Männlichkeit.

Oft ist das Passing eine Frage des Geldes und der Gene, und immer eine Frage des Geschlechterstereotypenterrors einer Gesellschaft. Solche Bemerkungen wie die obigen zu meinem Passing spalten Transgender-Communities. Sie bestärken binäre Geschlechterstandards, indem sie bestimmte Eigenschaften (und Menschen) als “echt” und “gut” benennen.

Präferenzen

Auch heute noch scheint es ein staubumwobenes Geheimnis zu sein, dass nicht alle Männer „hetero“ sind. Du hast das schon gewusst? Dann nimm‘ doch bitte nicht an, dass ich irgendwann einmal „hetero“ war, nun plötzlich bin oder „werde“.

Außerdem ist doch son-nen-klar, „was“ ich bin, oder? Genau, nämlich:

Auch im Beisein anderer Menschen, die ich das erste Mal sehe, zu fragen „Und worauf stehst du jetzt?“ ist nicht okay. Ich freue mich zu sehen/hören/…, wenn jemand vielleicht das erste Mal im Leben die Absurdität solcher Bezeichnungen wie „hetero“, etc. erkennt. Darüber elementare Regeln der Höflichkeit und des Respektes zu vergessen ist nicht notwendig.

Übrigens: Dass ich ein Mann bin heißt nicht unweigerlich, dass ich auf Sexorgien stehe oder Herumgevögel mein Beruf oder mein Hobby ist.

Es scheint sich auch, z.B. in manchen ach so Gendertheorie-vorgebildeten akademischen Kreisen (ProfessorInnen inklusive), noch nicht herumgesprochen zu haben, dass trans* nicht gleich polyamorös heißt bzw. heißen muss. Seit wann gibt’s da bitte einen kausalen Zusammenhang? Ich finde es super, dass Menschen unterschiedliche Wege finden, zusammen zu leben und zu lieben, und ich habe davor Respekt. Bitte respektiere auch meinen Weg.

You made my day!

Weil sie selbst nicht so verwundbar sind, ist es manchmal einfacher für Nicht-Transmenschen einzugreifen, wenn ich mit unangemessenen Reaktionen konfrontiert werde. Ich habe so etwas noch selten direkt erlebt, die paar Male aber, die das bisher passiert ist, und die Menschen, die sich trauten und den Mund aufmachten (selbst wenn ich sie nie wiedergesehen habe oder ihren Namen nicht kenne), behalte ich in Erinnerung wie den Megalo-Riesenplatinumgoldschatz.

Wenn sich Menschen zum Beispiel nicht davor drücken, mich mit einem Hinweis wie “Das ist der Billy.” vorzustellen oder jemanden korrigieren, wenn das falsche Pronomen verwendet wird. Das heißt nicht, mich zu outen, wenn ich das nicht will, sondern Menschen wissen zu lassen, wie ich als Transmensch mit nicht optimalem Passing angeredet werden soll.

Einfach mal zu sagen “Ich bin die/der …, er ist der Billy.” oder “Das geht dich nichts an.” oder “Sein/e Stimme/Auftreten/Körper ist toll, so wie’s ist, und deine Kommentare kannst du dir sparen.” kann mir den Tag retten. Und wenn ich nicht gerade mal wieder von einer mehr oder weniger phantasievollen Transphobie-Attacke vorübergehend plattgewalzt wurde, dann sage oder schreibe ich diesen Verbündeten:

YOU MADE MY DAY!