Sie sprechen immerzu von „jungen Frauen, die sich auch als Feministinnen begreifen“, die sich über EMMA und Alice Schwarzer aufregen. Sehen Sie, das ist nicht ganz richtig. Über diese Frau und ihr Magazin streiten sich FeministInnen, seit Frau Schwarzer die politische und vor allem die mediale Bühne betreten hat. Weil es tatsächlich schon seit der Entstehung der Frauenbewegung im 19. Jahrhundert verschiedenste Auffassungen davon gibt, wie Feminismus das Ziel der Gleichberechtigung erreichen sollte – und auf wessen Kosten. Genau deshalb heißt der Gegensatz ganz sicher nicht „jung“ gegen „alt“. Es geht um Inhalte.

Sie finden es gut, dass sich Frau Schwarzer nicht um die Meinung anderer schert. Damit würde sie die Massen erreichen. Sie schreiben, dass der „moderne Feminismus“ anstatt „ins Allgemeingültige“ ins „Sektenhafte“ zielen würde. Ein interessantes Gegensatzpaar. Wir dachten: der Gegensatz zu „allgemein“ wäre „individuell“. Und das stimmt wiederum: Das, was Sie als „modernen Feminismus“ beschreiben, sind Menschen, die erkannt haben, dass es in unserer pluralisierten Gesellschaft das eine Interesse der einen Frau nicht gibt.

Das schien früher etwas anders: In der alten Bundesrepublik war die Mehrheit der Frauen von einer Vielzahl diskriminierender Gesetze betroffen. Zum Beispiel hatte der Mann in der Ehe das Recht, seiner Frau die Berufstätigkeit zu verbieten. Der große Gegner war der Staat. Auf den konnten sich alle einigen.

Allerdings wurde auch schon damals die Vielfalt der Identitäten ignoriert – ein schweres Erbe, das die feministische Bewegung uns heute hinterlassen hat. Kein Wunder, dass genau die Stimmen, die schon damals nicht gehört wurden, mittlerweile umso vehementer aufschreien. Etwa für all das, was Frau Schwarzer als nicht-feministisch bezeichnet: Prostitution, Kopftücher, bestimmte sexuelle Praktiken.

Wir wollen ja gerne die patriarchalen Strukturen, die unsere Gesellschaften noch immer prägen, abschaffen (um nur eines der Ziele zu nennen, die FeministInnen heutzutage laut Ihrem Text nicht haben) und dazu gehört auch, sich jeglicher Bevormundung zu entziehen. Eine feministische Utopie, die nur einen Teil der Frauen mitnimmt und vor allen anderen die Augen verschließt, ist unserer Meinung nach wertlos.

Dass wir dabei so viele verschiedene Meinungen vertreten, finden Sie diffus. Das tut uns leid, Herr Fleischhauer. Aber wir können Ihnen an dieser Stelle in aller Deutlichkeit sagen: Wir „Netzfeministinnen“ sind überhaupt nicht alle miteinander verstritten. Ja, wir streiten. Wir streiten uns mitunter heftig und manchmal tut es auch weh. Aber um die „toxic twitter wars“ müssen Sie sich an unserer Stelle mal bitte keine Sorgen machen.

Sie haben Recht: Viele FeministInnen können sich darauf einigen, dass sie sich von Alice Schwarzer nicht vertreten fühlen – aus all den genannten Gründen und noch einigen mehr. Das wäre aber noch nicht weiter tragisch, wenn nur nicht Leute wie Sie, Herr Fleischhauer, FeministInnen immer wieder auf diese eine Person reduzieren würden. Aber gut, manche haben die Welt eben lieber einfach als kompliziert.

Am Ende machen Sie sich noch über diesen Tweet hier lustig: „#EMMAistfürmich die Bestätigung, dass die Golden Girls des Feminismus endlich Sendeschluss haben sollten.“ „Flehentlich“ sei das. Also wir finden das einfach lustig. Und gerade das hat doch auch erst neulich der Kollege Martenstein von zwei Feministinnen gefordert: mehr Humor. Wir stellen fest: Bestimmten Leuten können wir es einfach nicht recht machen. Seltsamerweise sind es immer genau die, deren Status Quo wir in Frage stellen. Hm. Ein blöder Zufall sicherlich.

Viele Grüße,
Katrin Gottschalk & Stefanie Lohaus