Von Juliane Leopold

Wikipedia.org ist an Zugriffen gemessen die sechstgrößte Website der Welt, eine der wichtigsten Quellen für unser kollektives Wissen – und dafür, dass sie eigentlich allen offensteht, eine ziemlich geschlossene Veranstaltung. Neun von zehn Autor*innen sind weiß, männlich und unter dreißig. Warum das ein Problem ist? Weil die Kriterien dafür, was überhaupt als relevantes Wissen gilt, so fast ausschließlich von dieser Gruppe definiert werden. Die Enzyklopädie ist damit ärmer an Erfahrungen, als sie es sein sollte. Das kann sich nur ändern, wenn mehr Frauen an der Wikipedia mitwirken. Zum Beispiel du.

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Weniger als 10 Prozent der Wikipedia-Autor*innen identfizieren sich als weiblich. Der Edit-a-thon am Wochenende in Berlin soll das ändern. @ Wikimedia Commons / Jon Lim / CC BY 2.0

1.
Habe Mut, dich deiner Geekiness zu bedienen! Wenn du aus dem Kopf alle „Star Trek“-Filmtitel aufzählen kannst, darf man dir gratulieren: Du hast das Zeug zur Wikipedianerin! Das Gleiche gilt für Siouxsie-and-the-Banshees-Alben oder was sonst dein Spezialgebiet ist: Wikipedia hat Platz für all das Wissen, mit dessen Detailtiefe du deine Freund*innen seit Jahren verwirrst und Fremde auf Partys zum zügigen Themenwechsel veranlasst.

Egal, für wie banal oder abwegig du deine Artikelideen hältst, lass dich davon nicht abhalten. Die Online-Enzyklopädie besteht laut ihrer Präsidentin Sue Gardner nämlich genau aus diesen gesammelten Wissenskrümeln ihrer Community. Wer seine Krümel nicht einbringt, von dem profitiert die Website nicht. Wenn es um das Schreiben eines eigenen Artikels geht, besinn dich auf etwas, worüber du Bescheid weißt, z. B. deine Heimatstadt oder deinen Lieblingssport, und bring deine Krümel an den Tisch.

2.
Such dir Unterstützung! Die ersten Schritte in der Wikipedia können kompliziert aussehen. Oft enden die ersten Versuche, einen Artikel anzulegen, in Diskussionen, die auf Neulinge verwirrend und im schlimmsten Fall abschreckend wirken. Frauen lassen sich dadurch eher davon abhalten weiterzumachen als Männer, weil sie sich selbst die Verantwortung für den vermeintlichen Fehler geben. Das fand Sarah Stierch heraus, als sie 2012 als Stipendiatin der Wikimedia-Stiftung versuchte, mehr Frauen für Wikipedia zu gewinnen.

Um zu verhindern, dass Frauen gleich am Anfang resignieren, kreierte Stierch das Teahouse, ein Forum innerhalb der Wikipedia, in dem neue Nutzer*innen mit alten in Kontakt kommen und Fragen stellen können, ohne für ihre Ahnungslosigkeit abgestraft zu werden. Dieses Prinzip greift auch bei den Wine-and-Wiki-Partys, bei denen sich Frauen in lockerer Runde zum gemeinsamen Editieren treffen. Diesen Sonntag, am 20. März, findet etwa in Berlin im Haus am Lützowplatz ein großes Edit-a-thon statt.

3.
Leg los! Du hast dich also vernetzt, deinen inneren Geek mobilisiert und willst jetzt endlich editieren. Am besten, du legst dir erst mal unter einem Klick auf den Knopf „Anmelden“, der oben rechts auf jeder Wikipedia-Seite zu finden ist, einen eigenen Account zu. Bevor du anfängst, musst du dich entscheiden, ob dein Nutzername neutral oder weiblich sein soll. Erfahrene Wikipedianerinnen berichten, dass Beitragende mit eindeutig weiblichen Namen in Diskussionen heftiger angegangen werden. Wenn du dir das ersparen willst, wähle einen geschlechtsneutralen Namen.

Ein weiterer Tipp für Neulinge: Schau dich erst mal unter den Themen um, bei denen du dich auskennst, und versuche, dich bei einer kleineren Bearbeitung (z. B. der Korrektur von Schreibfehlern) mit dem Artikeleditor vertraut zu machen. Wundere dich nicht, wenn deine Änderungen nicht sofort sichtbar werden. Sie müssen erst von erfahrenen Wikipedianer*innen freigegeben werden, das soll Vandalismus an der kollaborativen Enzyklopädie verhindern. Wenn du dich warm genug fühlst, eigene Artikel zu verfassen, und noch uninspiriert bist, findest du im Wikiprojekt Frauen und auf der Wikipedia-Seite „Artikelwünsche“ genug Leerstellen, die du füllen kannst.