Von Christina Mohr

Leider wurde beim Titel der deutschsprachigen Übersetzung von Carrie Brownsteins Autobiografie „Hunger Makes Me A Modern Girl“ der essenzielle Satzteil weggekürzt. Denn „Modern Girl“ allein trifft nicht genau, was Brownstein beschreibt: Hunger im Sinne von Sehnsucht ist ihre Triebfeder, Musikerin zu werden, Carries Hunger nach Aufmerksamkeit und Liebe ist die offensichtliche Gegenreaktion auf die buchstäblich verschwindende, an Magersucht leidende Mutter.

© Carrie Brownstein/Benevento
© Carrie Brownstein/Benevento

Nicht zuletzt spielt Brownstein auch auf eine Songzeile der feministischen Punkrockband Bikini Kill an: „I was taught to always be: hungry“, sang Kathleen Hanna 1991 im Song „Feels Blind“. Abgesehen davon ist „Modern Girl“ eine bewegende, teils schmerzhaft aufrichtige Autobiografie – eine Pflichtlektüre (nicht nur) für Riot-Grrrl-Fans.

Schließlich ist Carrie Brownsteins Geschichte untrennbar mit jener der Rockband Sleater-Kinney verstrickt, die sie 1994 mitgründete. Selbstredend kommt man in den Genuss authentischer Berichte über die Olympia-Washington-Szene der frühen 1990er-Jahre und natürlich über die Karriere von Sleater-Kinney.

cover-brownstein-modern-girl-kCarrie Brownstein „Modern Girl. Mein Leben mit Sleater-Kinney“
Autobiografie. Aus dem Englischen von Stefanie Jacobs.
Benevento, 264 S., 24 Euro

Brownstein ist nicht auf narzisstischen Starkult aus: Im Gegensatz zu ihrem extrovertierten Kindheits-Ich wirkt die erwachsene Carrie skeptisch, sie schreibt pointiert, aber nie heroisierend. Dass sie Produzentin der TV-Serie „Portlandia“ ist, erfährt man nur aus einem Nebensatz, und dass sie viele Jahre bei Sleater-Kinney Gitarre spielte – neben ihrem Idol und ihrer zeitweiligen Geliebten Corin Tucker –, scheint sie auch in der Rückschau selbst zum Staunen zu bringen. Im Epilog beschreibt Brownstein den hochemotionalen Moment, als sie mit den nach zehn Jahren Pause wiedervereinigten Sleater-Kinney die Bühne betritt: Sie ist angekommen, ihre Familie ist die Band.