Von Laura Paetau

Simones Dede Ayivis Performance „First Black Woman in Space“ nimmt uns mit ins afrofuturistische Weltall. In Begleitung eines „black guidance system“ erforscht Dede Ayivi persönliche und kollektive Utopien und Dystopien, fragt nach Blacktivism 2016 und den Träumen Schwarzer Frauen in ihren Communitys, macht einen „Black Power Nap“ auf einem neuen Planeten und führt uns mit auf eine poetisch melancholische Reise im Raumanzug.

© Ute Langkafel
© Ute Langkafel

In deiner Performance „First Black Woman in Space“ machst du dich auf eine Reise und triffst dabei andere, die auch auf der Suche sind. Wonach hast du gesucht?
Nach magischen Momenten, die empowern und dich die alltäglichen Kämpfe für eine Weile vergessen lassen. Die Momente, in denen man sich angekommen fühlt und einfach sein kann. Für mich stellt sich das hauptsächlich in Kommunikation mit anderen Menschen dar. Diese spezifische Suche habe ich bewusst aus Schwarzer weiblicher Perspektive unternommen. Ich habe ja Interviews geführt mit Schwarzen Frauen und während der Gespräche habe ich ganz stark diese Verbindung gespürt und Ähnlichkeiten in der Fragestellung. Ich hab nicht nur gefragt, es gab auch Gegenfragen und es haben sich intensive Gespräche entwickelt. Das war der Punkt, an dem ich dachte, das ist im Grunde genommen eine gemeinsame Suche und die Frage: Wie können wir gemeinsam die Schwerkraft überwinden und unseren Träumen ein Stück näher kommen?

„Jeder Raum ist sicherer, wenn du einen Raumanzug trägst“ sagst du und steigst in so einen Raumanzug. Gibt es sichere Räume nur unter einem Schutzanzug?
Haha! Gemein. Ich würde gerne sagen, dass es nicht so ist. Aber ich glaube ja oder im Grunde ziehen wir uns den doch jeden Tag an, sobald wir irgendwie unser Bett verlassen. Da ist dann dieser unsichtbare Schutzanzug, unsere Panzerung, irgendwas, was wir uns anlegen, damit wir im Alltag bestehen können. Ich würde sagen, wir legen manchmal Teile davon ab, wenn wir sehr privat und intim sind, aber selbst wenn wir alleine sind, versuchen wir doch manchmal, etwas zu haben, was uns schützt nach außen, und man geht auch mit einer Skepsis oder Selbstschutz in Räume, in denen man denkt, hier bin ich sicherer als in anderen. Schön sind die Momente, in denen man denkt, man kann möglichst viel von diesem Schutzanzug ablegen. Ich mach mir Gedanken über sichere Räume im Sinne von Orten der Selbstbestimmung und Solidarität, wo man aufeinander achtet und sensibel und respektvoll miteinander umgeht.

Weil du müde vom Lächeln bist und davon, dich in einem doppelten Bewusstsein durch andere zu sehen, hältst du einen „Black Power Nap“. Was macht so müde und was hilft dagegen?
Der Raumanzug ist schwer und es kostet mich Kraft, diesen anzuziehen, aber wenn ich den einmal anhabe, ist der da. Anders ist es mit dem Lächeln, mit dem metaphorischen Raumanzug. Dabei geht es eigentlich darum, eine Fassade aufrechtzuerhalten, als ob du ok wärst mit allem und schon klarkommst. Keine Schwäche zeigen zu wollen, das ist anstrengend und ermüdend. Das kann ich gut in Bezug auf meine Arbeit auf der Bühne setzen. Diese politische Theaterarbeit, die ich mache, ohne sich zu entschuldigen, mit meinem Schwarzen Frauenkörper auf dieser Bühne zu stehen und die Dinge zu verhandeln, die mir wichtig sind, wissend, dass ich zum großen Teil vor einem weißen Publikum performe. Was mit den Strukturen zu tun hat, in denen ich arbeite, in Deutschland.

In meinen Arbeiten mache ich mich dabei ja auch ganz schön nackig. Die Anstrengung, dass du den weißen Blick auf den Schwarzen Frauenkörper mitdenkst, und die Frage: Wie kann ich mit Leichtigkeit damit umgehen? Ich glaube auch, dass vieles, was dabei thematisiert wird, nicht nur relevant ist für Schwarze Frauen. Aber trotzdem stehe ich da eben als Schwarze Frau mit meinen Fragestellungen und bei der Frage, wie zeige ich mich auf dieser Bühne, denke ich das immer mit. Der „Black Power Nap“ ist für mich die Thematisierung politischer „self care“, eine kleine Auszeit, die vor allem stärken soll, und wo es nicht nur um dich geht, sondern die dich auch stärken soll, um mit dem da draußen wieder fertigwerden zu können.

Simone Dede Ayivi in "The first black women in space" 2016

„First Black Woman In Space“
Performance
Nächste Vorstellungen am 26. November Mousonturm Frankfurt (Main) im Rahmen der Reihe „Afropean Mimicry & Mockery in Theatre, Performance & Visual Arts„, am 19., 20. und 21. Januar am LOT-Theater Braunschweig sowie am 09. und 10. Februar am Lichthoftheater Hamburg.

„First Black Woman in Space“ ist eine All Female Production. Wer sind die Frauen hinter der Bühne dieser One-Woman-Show?
Ich sehe es tatsächlich nicht als One-Woman-Show, auch wenn ich da auf der Bühne bin mit meinem Körper und meinen Performance Skills. Ich arbeite so, weil Regie mir nicht reicht, weil ich die Momente der direkten Kommunikation mit dem Publikum brauche. Ich muss auf der Bühne stehen, wenn ich was produziert habe. Ich finde auch interessant, dass ich das so oft gefragt werde, warum ich das mache, aber Musiker*innen, die ihre eigenen Songs schreiben, fragt man auch nicht, warum schreibst du deine Songs nicht für andere? Das muss irgendwie durch mich durch, ich brauche diese Verhandlung und die Kommunikation. Trotzdem ist es kein Solo, weil ich sehr stark mit Frauen zusammenarbeite, die ganz eigene Impulse setzen in ihrer Arbeit. Ich arbeite mit Frauen, die sehr starke eigene künstlerische Setzungen machen und einen eigenen künstlerischen Anspruch an das jeweilige Feld haben, in dem sie Expertinnen sind. Das sind in dem Fall Katharina Kellermann für die Musik, Rosa Wernecke für das Licht, die auch Teil des feministischen Performancekollektivs Swoosh Lieu sind. Diese Frauen nähern sich mit ihrer eigenen Expertise dem Thema an und das kommt dann zusammen. So versuchen wir auf verschiedenen Ebenen, mit den Medien, mit denen wir arbeiten, unterschiedliche Facetten dieser einen Geschichte zu erzählen.

photo_laura-2Über die Autorin:
Laura Paetau beschäftigt sich mit queer-feministischen und post-migrantischen Themen und Formen. Sie ist Koautorin des Buches „Feminismen und Neue Politische Generation“ (Westfälisches Dampfboot 2009). Gemeinsam mit dem (heidy) Kollektiv kuratierte sie die Ausstellung „What is queer today is not queer tomorrow“ in der nGbK (2014). Laura ist Dramaturgin der Frutas Afrodisíacas, die bald wieder im Studio Я des Maxim Gorki Theaters und Ballhaus Naunynstraße zu sehen sind.

Ich bin wahnsinnig glücklich mit dem Raum, den För Künkel entworfen hat, weil die Frage „Wie kann man Weltraum im Theaterraum erzählen“ eine ganz große Rolle gespielt hat. Die Dinge auf der Bühne, von der Schallplatte bis zu den Planeten, sind für mich wie Mitspieler*innen. Eigentlich sind das zusätzliche Perfomer*innen auf der Bühne und ich bin der einzige menschliche Körper, aber viele andere Körper sind mit im Raum. Ich bin ein großer Fan der Arbeit meiner Kolleginnen.