Von Ninia LaGrande

Den ungefragten Kommentaren aus meinem Umfeld nach bin ich auf das Kind, das da gerade in meinem Bauch heranwächst, schlechter vorbereitet als auf das Kaninchen, das wir einmal spontan bei uns aufgenommen haben. Da mir sämtliche Ratgeber und Schwangerschaftsbücher schon nach kurzem Lesen auf die Nerven gehen mit ihrem blumig heteronormativen Gequatsche (während sie die Partner*innen entweder ignorieren oder als unfähig abstempeln), mache ich das, was ich immer mache, wenn ich nicht weiter weiß: Ich befrage das Internet.

© George Rudy/Shutterstock
Putzen auf Instagram. © George Rudy/Shutterstock

Aus Versehen verirre ich mich in Foren, in denen sich ausschließlich „Mamis“ über das Mami-Sein austauschen. Bei Kommentaren wie „Am besten kochst du deinem GöGa (Göttergatten) etwas vor für die Zeit, wenn du im Krankenhaus bist!“ rolle ich meine Augen fast in den Hinterkopf und schließe das Tab schnell wieder.

Auch Instagram ist die Hölle der konstruierten Normativität. Ein Großteil der #Mamablogger lebt scheinbar wie in „Die Truman Show“ – pastellig, harmonisch, organisiert und fröhlich. Sie sind weiß, schlank, able-bodied und immer perfekt gestylt. Sie kochen, basteln, liegen perfekt hergerichtet in ihrer seidigen Bettwäsche und haben immer genug Geld, um zu shoppen oder Ausflüge zu machen.

Kurzum: Sie sind nicht meine Welt. Um in irgendeiner Form authentisch rüberzukommen, geben sie manchmal einen kleinen Einblick in eine unaufgeräumte Wäscheecke oder in die Küche, wenn mal wieder jemand gekleckert hat – und selbst diese Augenblicke wirken inszeniert.

In den Blogs dieser Mütter wird die Perfektion weitergesponnen. Mir wird ein Leben vorgelebt, in dem ich täglich gesund und frisch kochen muss, dabei immer glatt geföhnt und dezent geschminkt bin, mir die neuesten Klamotten der aktuellen Designer*innen leisten kann und abends immer noch genug Zeit habe zu bloggen, zum Yoga zu gehen oder mich einem anderen mütterlich konnotierten Hobby zu widmen (nähen, backen, irgendetwas für meinen DaWanda-Shop basteln).

Ninia LaGrande ist Autorin, Poetry-Slammerin und Referentin.

Ich weiß nicht, wem diese Blogs tatsächlich helfen. Oder wem sie verkaufen wollen, dass das die wahre Welt sei. Mir machen sie Angst – und unendlich viel Druck, auch diesen Ansprüchen gerecht werden zu müssen. Aber: Es gibt sie, die Lichtblicke in der Blogosphäre. Bloggerinnen wie Frau Naijn , Melanie oder Patricia, die mir Lust auf Kind und Mutterschaft machen, weil sie zeigen, dass wahrscheinlich nie alles perfekt sein wird und das trotzdem in Ordnung ist. Das Kind kann jetzt kommen
– auch unvorbereitet

Dieser Artikel ist zuerst in Missy 01/2017 erschienen.