Magazin 01/2009 Editorial
Der erste Kuss, der erste Sex, die erste aufgrund von Wodka durchkotzte Nacht. Erste Male können gut oder schlecht sein, unglaublich aufregend oder der totale Flop. Aber man wird sie sicher nicht wieder vergessen. Doch wer erinnert sich noch an sein zweites Mal?
Zumindest wir werden es garantiert tun, vielleicht weil es auch bei unserer zweiten Ausgabe noch ziemlich viele erste Male gab: Zum ersten Mal haben wir mit einem männlichen Fotografen zusammengearbeitet – wir sind ja nicht so –, Gianni Occhipinti, der für unsere Fotostrecke »Tausend Tränen tief« überaus professionell seine Geschlechtsgenossen zum Weinen brachte (S. 22). Mit Sandra Hüller haben wir zum ersten Mal eine Schauspielerin auf dem Cover – und dann gleich eine, die fast schon so etwas wie ein Star ist. Und zum ersten Mal haben wir eine Ausgabe vollständig selbst finanziert, trotz Wirtschafts- und Zeitschriftenkrise.
Zum ersten Mal können wir euch an dieser Stelle auch ein dickes Dankeschön sagen: Nach Missy # 1 habt ihr Abos in einem Tempo bestellt, das unsere kühnsten Erwartungen übertraf und dafür sorgte, dass die erste Ausgabe innerhalb kürzester Zeit vergriffen war. Leider werden wir jetzt wohl die Auflage weiter erhöhen müssen. Gleichzeitig habt ihr uns mit Mails und Kommentaren förmlich überschüttet. Eine (sehr kleine) Auswahl davon drucken wir in dieser Ausgabe ab (S. 8).
Mindestens so sehr wie die vielen Sympathie- und Liebesbekundungen haben uns eure kritischen Rückmeldungen gefreut. In dieser Ausgabe haben wir uns redlich bemüht zumindest einige davon gleich zu berücksichtigen. So kommen wir eurem vielfachen Wunsch nach längeren Beiträgen mit einem ausführlichen Dossier zur Finanzkrise aus feministischer Sicht nach. Darin lassen wir die Sozialwissenschaftlerin Roswitha Scholz erklären, wie gerade Frauen von dem derzeitigen Crash betroffen sind (S. 50) und fragen uns, was es zu bedeuten hat, wenn der Playboy jetzt Männer mit nackten Businessfrauen tröstet (S. 54). Wir treffen die Berliner Musikerin Krawalla, die mit ihrem Bühnenprojekt Räuberhöhle niedliche Tierchen gegen nationalistische Tendenzen im deutschen Pop antreten lässt, und zeigen berühmte Feministinnen, die nicht nur politisch guten Stil bewiesen haben (S. 60). Wir erfahren von Menschen, die lieber viele als nur eine/n lieben wollen (S. 30), und einer weißen Pianistin, die in den 1950er Jahren den Jazz dies- und jenseits des Atlantiks auf den Kopf gestellt hat (S. 46).
Für uns ist es ein ziemlich denkwürdiges zweites Mal. Wir hoffen, für euch wird es das auch!
Sonja Eismann, Chris Köver & Stefanie Lohaus