Düstere Schmeichlerin
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Manchmal ist es gut, auch mal „Nein!“ zu sagen und nur das zu tun, was man wirklich möchte. Dies tat die schwedische Sängerin Titiyo, eigentlich Titiyo Yambalu Felicia Jah, nachdem sie sich jahrelang von Produzenten chartkompatible Songs auf den drahtigen Leib basteln ließ. Die wurden zwar teilweise richtige Hits (z. B. das ohrwurmige „Come along“ aus dem Jahr 2001, zu dem sie laut eigener Aussage „nur“ den Basslauf beisteuerte), räumte ihr aber keinerlei künstlerische Freiheiten ein. Im Jahr 2004 war es genug: Titiyo brachte ein Best-of-Album heraus, dann kratzte sie ihre Moneten zusammen, zog aufs Land, kaufte sich ein Pferd und machte Schluss mit dem Musikbusiness.
Nach ein paar Jahren Pause hatte sie dann wieder genug vom Landleben. Die Lust aufs Musikmachen war zurückgekehrt und Titiyo beschloss, nun aber wirklich ihr ganz eigenes musikalisches Süppchen zu kochen. Also schloss sie sich einen Winter lang mit Casio Synthesizer und Recorder in ihrer Stockholmer Wohnung ein. Tagsüber war sie Hausfrau und Mutter, abends und nachts arbeitete sie an ihren Songs. Herausgekommen ist das wunderbare Album „Hidden“, dessen Covergestaltung auch von der frühen Björk stammen könnte. Die Musik hingegen klingt eher nach Portishead und Co. Und ist eine gelungene Melange aus hippieesker Gelassenheit, Düsternis und Manie, getragen von Titiyos wundervollem Gesang, ummantelt von mäandernden Gitarren, Streichern, Drumsounds und old school Elektronik. „Hidden“ ist der perfekte Soundtrack für verregnete Autofahrten und kuschelige Abende in überheizten Räumen, wenn man die nassen Sachen auszieht, über die Heizung hängt und sich die rote Nase trockenreibt.
Für besseres Wetter eignet sich das durchaus auch auf der Platte vorhandene zuckrigere Liedgut, beispielsweise der schwer Richtung Charts schielende Schmachter mit dem kryptischen Titel „If only your bed could cry“, den Titiyo mit Moto Boy singt. Dieser Song will auf sämtlichen Engtanzpartys der Welt gespielt werden. Das fast minimale „Stumble to Fall“ mit catchy Basslauf und wunderbarem Schmeichel-Gesang lässt das Tanzbein wohlig zucken, und das nicht nur, weil der Refrain unverkennbar bei einem ollen Eurythmics Klassiker geklaut wurde. Und beim reduziert-getragenen „Longing for Lullabies“ klingt Titiyo sogar ein wenig wie ihre ältere Halbschwester, die „Buffalo Stance“ Lady Neneh Cherry, von der man auch gern mal wieder was hören würde. Alles in allem ist „Hidden“ ein tolles Comeback-Album. Oder sollte man lieber sagen: Debut-Album? Man wird hoffentlich noch viele eigene Songs von Titiyo hören. TEXT: BARBARA SCHULZ
Titiyo “Hidden” Despotz Records / Cargo Records, 16.10.09