Sekt und Kurze
Von
Darf ich vorstellen: Eva Ricarda Lautsch, die Stadtpiratin, mich. Ich trete diesen Januar an, euch politisch mit Genderspitzen, popkulturmäßig und überhaupt mit prallem Leben auf dem Laufenden zu halten. Und ein frohes Neues allerseits, ich mein’s ernst.
Während ich mich dieses Wochenende eingehend damit beschäftigt habe, auf beliebigen Polstermöbeln meinen Kater zu pflegen, ist mir im dahindämmernden Fernsehprogramm unter anderem irgendeine Wiederholung der Quarks Arena im WDR zwischen tiefhängende Lider gekommen, beliebiges TV-Show-Konzept, Thema: Frauen, Männer und die pseudowissenschaftliche Widerlegung alteingesessener Vorurteile. Während in der Sendung Frauen und Männer unermüdlich gegeneinander einparken, multitasken und zuhören geht es unter anderem um den Themenbereich Partnerschaft. Hetero natürlich, achso, um beim seichtbelassenen Thema zu bleiben. In einem kurzen Film mit einigem Haareschütteln und aufreizenden Blicken wird gezeigt was eigentlich nicht neu sein dürfte: es stimmt gar nicht, dass Männer beim Flirt immer den ersten Schritt machen müssen. Allein für diese Erkenntnis hat sich das Einschalten noch nicht gelohnt, es geht weiter im Film. 4 von 5 Heiratsanträgen werden dafür angeblich von Männern, selbstverständlich kniend, an die Frau gebracht und ein Psychotest mit einem der Studiogäste zeigt, dass das soziale Gedächtnis dieser Gesellschaft noch immer auf der Welle traditioneller Rollenbilder surft. Zu den Heiratsanträgen kann ich mich mangels Erfahrung nicht näher äußern. Dafür umso besser zu diesem im Grunde ebensowenig sensationellen Testergebnis.
Da sich der Weihnachtsmann nicht im Geringsten für meine Wunschliste interessiert, versuche ich es mit einer für 2010. Auf der steht der Punkt Sex im Nachtleben ganz weit oben. Es geht dabei vornehmlich um Frauen und unverbindliche sexuelle Kontakte, die noch lange nicht deswegen geknüpft werden, weil einer danach ist. Denn bis auf ein paar Mutige, die zu Recht nicht allzu viel auf ein eventuelles Flittchen-Image geben, steht für viele ein deplatzierter Anstand noch immer weiter oben auf der Agenda als irgendeine One-Night-Geschichte. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass die Erklärung dafür nicht in biopsychologischem Nestbauverhalten zu suchen ist. Fakt ist, dass das Drehbuch eines Tresenflirts in den meisten Fällen noch immer nach einem überkommenen Schema á la Eroberer und cocktailschlürfendes Kätzchen verfährt.
In einem neuen abgeklärten und lässigen Jahrzehnt hat an der Oberfläche niemand ein Problem mit nichts. Schon gar nicht mit Sex, egal in welcher Form. Das Schulterklopfen für den Platzhirsch und die ungläubigen Blicke auf die leichte Barschnecke passieren dabei wesentlich subtiler und sind mit Sicherheit Teil der Ursache für die scheinbare Unsterblichkeit der Masche. Dazu kommen die vorbildlichen Weibchen, welche einer Freundin, die ihren Spaß hatte unterschwellig zu verstehen geben, dass sie damit ein Stück ihres guten Rufes selbst zu demontieren im Begriff sei und die Kumpel dieser Freundin, die sie vielleicht ein bisschen für ihre Unabhängigkeit bewundern, aber für sich selbst vorsichtshalber nicht in Betracht ziehen. Teil der Masche sind auch ein paar Unverbesserliche, jene männlichen Vertreter von Vorgestern, die uns aus gekränktem Stolz per Facebook-Nachricht ihre Handynummer hinterherwerfen, sobald sie merken, dass auch wir etwas wie Spaß an der Unverbindlichkeit hatten. Kein Wunder, dass die Protagonistin von Maria Svelands Bitterfotze den Mann geheiratet hat, der als Einziger nicht das Weite suchte, als sie ihn fragte, ob er einen „harten Pochenden“ habe. Im Übrigen ein großartiges Buch über eine eigenwillige Frau aus dem Jetzt.
Und dann wäre da die noch immer nicht begrabene Vorstellung, dass Männer Frauen um Sex anbetteln müssten, die vor kurzem erst wieder in den Kommentaren bei der Mädchenmannschaft zu finden war. Dabei ist es seit langem höchste Eisenbahn, diesen Stumpfsinn zu entrümpeln. Falls es in eurem Schlafzimmer so ablaufen sollte, dann ist ein Teil entweder schlecht im Bett oder ihr seid verdammt, verdammt müde.
Für 2010 wünsche ich mir mehr Mädchen, die einem Kerl als Einladung ein paar zwei-cl-Gläschen hinstellen. Denn ganz ehrlich: Die Typen, die uns mit einem schmierigen Lächeln ein Glas Sekt ausgeben und dabei erzählen, dass wir Frauen mit 25 unseren Zenit erreicht hätten, das hier also ein guter Moment sei, die können in Zukunft sowieso zu Hause bleiben.
read more: +++ Im Spagat glänzen // stadtpiratin.blogspot.com über Maria Svelands Bitterfotze +++ Willkommen Zwanzigzehn // ein angenehm anderer Rückblick aus dem Büro für besondere Maßnahmen +++