Von Aufwand und Erlös
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„Sorry Leute, ich hatte viel zu tun und bin nicht zum bloggen gekommen.“ Diesen Satz habt ihr sicher auch schon tausend mal gelesen. Aber es stimmt ja auch. Das Leben an sich nimmt schon viel Zeit in Anspruch. Und dann auch noch andauernd Bloggen? Das ist technisch zwar relativ problemlos zu meistern, aber trotzdem kein unaufwendiges Hobby. Bevor mein Engagement als Gastbloggerin beim Missy Magazine im April zu Ende geht, schicke ich aber doch noch einen letzten Post an die verehrten Leserinnen und Leser.
Eine Anerkennung, dass das kreative Erschaffen von Content, sei es durch verschiedene Formen des Schreibens, Podcasts, audiovisuell mit Videos oder wie auch immer auch einen gewissen Aufwand bedeutet, vermisse ich manchmal, wenn ich Studien über das „Mitmachnetz 2.0“ lese. Es schwingt fast schon ein bisschen Enttäuschung (oder ist es Erleichterung?) mit, wenn zum Beispiel in der ARD-ZDF-Onlinestudie zu lesen ist, wie wenig ausgeprägt die aktive Nutzung des Web 2.0 ist. Es hängt natürlich vom jeweiligen Dienst ab: Während die großen privaten Social Networks von den meisten Leuten auch aktiv genutzt werden und auch bei Fotocommunitys wie Flickr die Beteiligung relativ groß ist, klafft das Verhältnis bei Wikipedia besonders stark auseinander. 65 Prozent der Befragten geben an, Wikipedia zu nutzen, aber nur 4 Prozent haben schon mal selbst einen Artikel bearbeitet oder erstellt. Und wie sieht das bei Weblogs aus? Zu den aktiven Blogger_innen zählen sich nur 4 Prozent der Befragten. Auch ihr bekommt Underground-Credibility, denn angeblich nur 8 Prozent der Internetnutzer_innen lesen Blogs (bzw. wissen, dass sie es tun).
Ich habe mich gefragt, warum manche Leute so gerne ins Internet schreiben oder sprechen. Was bringt mir das? Was bringt euch das? Dieser ganze Content, der gar nicht professionell, redaktionell selektiert worden ist… Ich hatte anscheinend dann doch keine Lust, Zeit oder Muse, ernsthaft darüber nachzudenken, und habe die Frage per Twitter in die Wolke geschickt. Die Antworten waren unterschiedlich. Sie erzählen vom Rauslassen, Zurückbekommen, von Erleichterung & Angst:
„das ist ein befreiendes Gefühl, endlich kann ich frei über Kram reden über den sich sonst keiner mit mir unterhalten will ^^“ (zahlenzauberin)
„ich hinterlasse kritische spuren und freue mich, wenn sie von anderen (gut) gefunden werden. #netz #vö“ (laufmoos)
„Das Schöne an Netz-VÖen sind die Kontakte und Vernetzungen, die durch Feedback/Links entstehen. Putting the Social in the SocialWeb.“ (plastikstuhl)
„netz vö: aus einem sendebedürfniss und der neugier ob etwas zurueck kommt. auch: losslassen, to release, losswerden, abschütteln“ (lasterfahrer)
„Ich hauptsächlich, um Gedanken und Ideen, die mir kommen, nicht zu vergessen, sondern sie „aufzubewahren“. Und zu sharen natürlich.“ (antjeschrupp)
„Es gibt spannende Antworten und Kommentare. Ideen, auf die ich selbst nicht gekommen wäre. Wunderbare Kontakte entstehen. #publizieren“ (hanhaiwen)
„ich nehme mir im netz die macht und den raum normal(isierungs)geschichten zu entlarven und mit „anderen“ geschichten zu zersetzen #fun“ (tutnurso)
„Einen Gedanken, ein Gefühl, etwas das ich geschaffen habe in den Raum zu stellen, auf dass sich daran bediene wer mag. Freisetzung.“ (matthiasr)
„unbehaglich, weil ich von mir selbst preisgebe, mein wissen, meine vorliebe, mich selbst. und doch ich tue es sehr gern.“ (sandrabeyer)
„keine ahnung… es muss einfach raus. aber liest das hier überhaupt einer? ;)“ (SIXSIXSEVEN_hcl)
Und wie ist es bei mir? Ich glaube, ich stehe in erster Linie auch auf das Gefühl, dass etwas fertig und raus ist. Das ist mein Erlös: Es ist raus aus meinem Kopf und drin im Internet, wo irgendetwas damit passieren wird. Vielleicht habt Ihr etwas dazu zu sagen und es entspinnt sich ein Gesprächsfaden. Oder es bleibt stehen, ich stoße ein paar Monate später wieder darauf und erinnere mich zurück an die Zeit und den Anlass.
Es war schön bei Missy. Bis bald mal wieder in diesem Internet!