medienelite Das vergangene Wochenende war das bisher wärmste in Berlin in diesem Jahr. Ich hing natürlich im Park und am Spreeufer rum und viele Berliner_innen taten es mir gleich.

Was mir nach einiger Zeit ins Auge stach, waren die unzähligen nackten Männeroberkörper, die ganz selbstverständlich und über jeden Zweifel der Formschönheit erhaben ungeniert durch die Gegend blitzten. Nicht, dass es mich sonderlich belästigt hätte, neben Muskeln auch Haare auf diversen Rücken und Brüsten (und Bäuchen) zählen zu müssen, doch irgendwann stieß ich von all dieser Nacktheit auf, wie nach einem Backfischbrötchen bei Nordsee: Ich sah keine einzige Frau mit entblößten Brüsten. Natürlich nicht. Laut Strafgesetzbuch §183a (Erregung öffentlichen Ärgernisses) kann bereits unzureichende Bekleidung relevant sein, zumal die weibliche Brust biologisch als Geschlechtsorgan behandelt wird, was ihre Verhandlungsmacht um straffreie Nacktheit nicht unbedingt stärkt.

Schlimmer noch ist allerdings die Tatsache, dass allein steife Nippel (beim fehlenden BH keine Seltenheit), Aufmerksamkeit erregen, die gern mal falsch in Richtung Schlampen- oder Emanzenhaftigkeit gedeutet wird. Penisse hingegen fristen ein von der Allgemeinheit unbeachtetes Dasein in viel zu engen Hosen, bei einigen Männern kann ich bereits aus meterweiter Entfernung erkennen, ob es sich um einen Links- oder Rechtsträger handelt bzw. grobe Schätzungen über die Erektionsgröße machen. Das ist nicht mehr oder weniger offensiv als steife Nippel oder nackte Brüste.

In einer kurzen Diskussion mit einer guten Freundin entfiel meinem losen Mundwerk doch glatt der Satz „Der BH ist die Burka der westlich sozialisierten Welt“ – Natürlich ist das weder vergleichbar, angebracht oder pc, sondern schlicht polemisch, aber im Grunde genommen wird von Frauen erwartet, ihre Brust ausreichend zu bedecken, während Männer ihre T-Shirts ausziehen, sobald es warm ist. Ihnen sei ein gebräunter Körper gegönnt, ich hätte allerdings auch gern einen. Und zwar ohne weiße Stellen oder Strafanzeige.

Menschen sollten selbst entscheiden dürfen, ob und wie sie ihre Körper bedecken. Das Erregungsargument ist nicht nur piefig, sondern fremdbestimmt, anachronistisch und sexistisch. Die Frau als verheißungsvolles, keusches Wesen, das Männern volles Fantasieprogramm bietet, der Mann als  selbstbewusster Protzklotz, Demonstrant von freiheitlicher Körperlichkeit und Ästhetik.

Nackte Frauenbrüste bieten jedenfalls meiner Meinung ungleich weniger Stoff für Objektivierung als verhüllte.