Deutsche Medien bestehen vor allem aus Männern
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Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Wissen wir alle, steht ja auch im Grundgesetz, und bis auf ein paar ewig mäkelnde Männerhasserinnen haben es inzwischen die meisten begriffen. Bleiben noch ein paar, die zuviel (oder zuwenig, je nachdem) Judith Butler gelesen haben, und zu zucken beginnen, wenn überhaupt Wörter wie „Frauen“ und „Männer“ vorkommen.
Geblieben ist so Kleinkram, wie ich gerade in meinem Gewerkschaftsblättchen fand: Die Situation von Frauen in den Medien ist einigermaßen unwürdig.
Lediglich 24% der Menschen in den Nachrichten sind weiblich. Deutschland liegt mit 21% unter dem internationalen Durchschnitt.
Das ist eins der Ergebnisse im Abschlussbericht des Global-Media-Monitoring-Project GMMP Who makes the News?, der bereits im September vorgestellt wurde (geriet das eigentlich in die Medien?). Seit der UNO-Frauenkonferenz 1995 beobachtet das Projekt die Präsenz von Frauen in den Medien und hat jetzt zum vierten Mal ermittelt,
wie häufig die beiden Geschlechter in Presse, Radio, Fernsehen und Internet vorkommen, wie sie dargestellt werden und wer diese Bilder produziert.
Ausgewertet wurden 1,365 Zeitungen, Radio- und TV-Sender und Nachrichten-Websites, 17,795 Berichte und 38,253 Personen in den Nachrichten in 108 Ländern mit 82% der Weltbevölkerung.
Beobachtet wird u.a., ob und wie die Berichte Stereotype verstärken oder aber ihnen entgegenwirken. Hier liegt die Supermacho-Region Lateinamerika vorn:
Nur 30 Prozent der Beiträge verstärken Stereotype, 13 Prozent brechen sie auf. Zum Vergleich: In Europa ist das Verhältnis 46 zu 4 und in Deutschland sogar 9 zu 1.
Nochmal zum Mitschreiben:
Ein Prozent der Nachrichten-Beiträge in Deutschland wirken Geschlechter-Stereotypen entgegen.
Weiter: zwar nehmen die Zahlen der Journalistinnen zu, die über Politik, Wirtschaft und Sport berichten, trotzem liegen sie mit 30 Prozent der Beiträge zu diesen Themen unter dem internationalen Durchschnitt.
Während der Anteil der Reporterinnen unter den Medienschaffenden weltweit von 28 auf 37 Prozent steigt, erreichen sie in Deutschland nur 31 Prozent.
Interessant fand ich auch die Bedeutung des ‚Merkel-Faktors‘. Eine (noch dazu ostdeutsche) Frau ist Kanzlerin, ganz unaufgeregt geschah das. Das ändert aber am Gesamtphänomen überhaupt nichts, im Gegenteil. Stichtag der Untersuchung war der 10.11.09.
.. der 10. November war – anders als im Rest der Welt – in der Bundesrepublik ein Tag, an dem vor allem Frauen im weltweit dominierenden Themenfeld Politik und Regierung für die Hauptschlagzeilen sorgten. So hielt Angela Merkel ihre Antrittsrede als wiedergewählte Bundeskanzlerin und am Vortag feierte sie mit RepräsentantInnen aus dem In- und Ausland den 20. Jahrestag des Mauerfalls – unter ihnen US-Außenministerin Hillary Clinton. Erika Steinbach, Vorsitzende des Vertriebenenverbandes, kam in der Debatte um die geplante Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ zu Wort. Trotzdem fallen nur 21 Prozent der namentlichen Nennungen in den Politik-Meldungen auf Frauen – einige Radionachrichten sind sogar ganz Frauen frei.
2005, als es noch keine Kanzlerin gab, war der Frauenanteil in den Berichten in Deutschland noch ein Prozent höher.
Zum Nachlesen: der GMMP-Länderbericht Deutschland (pdf), außerdem gibt es den Gesamtbericht (pdf) und den Regionalbericht Europa (pdf), dazu ausgewählte Highlights (pdf). Auf der Website von GMMP gibt’s noch mehr und in verschiedenen Sprachen.
Alle Zitate aus „Im Schatten großer Männer„, von Bärbel Röben, in MMM 10/2010
Bild: www.whomakesthenews.org