Ich habe immer versucht, meine Kinder dahin zu führen, dass sie erkennen, dass die Geschlechterdifferenz und das Rollenverhalten zwischen Frauen und Männern auf von der Gesellschaft selbst produzierten und reproduzierten Vorstellungen basieren. War mir doch stets bewusst, dass sie tagtäglich in einer Gesellschaft verkehren, in der sie immer wieder mit der gegenteiligen Idee konfrontiert werden. Umso mehr freute ich mich gestern Abend beim Erzählen der Gute-Nacht-Geschichte über die Reaktion meiner jüngsten Tochter: Ich las ihr aus einem Buch des Schweizer Autors Alois Carigiet vor, in dem die Schlussszene von einer Schlittenfahrt handelte. Bei dieser saßen die Mädchen vorne mit ihren Puppen auf dem Schlitten, während die Jungen hinten auf den Kufen standen und die Schlitten lenken durften.

Meine Tochter protestierte lautstark, dass es doch „total ungerecht“ sei, dass die Mädchen immer wieder nur brav dasitzen müssen. Sie würden sicher genau so gerne hinten als Lenkerinnen stehen wie die Jungen. Am besten sollten die Kinder doch abwechseln. Ich stimmte ihr natürlich zu und freute mich über den kleinen Spross der gesäten Samen.

Nock