Um Beatboxerin zu werden, musst du schon ein bisschen verrückt sein. Denn beim Beatboxen sieht man ganz schön komisch aus. Man spuckt, schneidet Grimassen, das sieht nicht immer vorteilhaft aus. Außerdem brauchst du Rhythmusgefühl, denn wie bei einem Schlagzeug geht es ja darum, den Beat zu halten. Den Rest bekommst du durch Übung. Am Anfang konnte ich mir dem Klischee nach nur dicke schwarze Männer als Beatboxer vorstellen. Aber die Wahrheit ist: jede/r kann beatboxen, denn die Geräusche entstehen vor allem durch die Vibrationen des Mundes, der Lippen und der Zunge und haben wenig mit Körpergröße und Kraft zu tun. Männer haben zwar meist ein größeres Stimmvolumen, aber mit einem verstärkten Mikrofon lassen sich die Bässe und Höhen so regulieren, dass auch bei dünneren Stimmen ein fetter Sound entsteht. Und so geht’s:

1. Übe am Anfang erstmal a cappella (also ohne Verstärkung). Begebe dich dazu an einen Ort, der möglichst viel Hall hat, damit du besser hören kannst, was du tust: Dein Badezimmer, die Duschkabine oder eine Straßenunterführung eignen sich hervorragend. Für den Anfang gibt es drei Übungen, mit denen du die Basics lernst. Zum einen die „Böse Katze“. Du lässt bei beiden Wörtern die Vokale weg: „B S K TZ“. Sage diese Buchstaben ein paar Mal vor dir her und stelle dir dabei ein Schlagzeug vor, das aus einer Kickdrum, ein Hi Hat und einer Snaredrum besteht. Das B ist deine Kickdrum. Presse es möglichst von tief unten durch die Lippen, so dass ein tiefer Sound entsteht. Es ist eher ein P als ein B. Das S und das TZ bilden die Hi Hat und das K imitiert eine Snaredrum. Wiederhole die Geräusche immer wieder: „BSKTZBSKTZBSKTZ“ – und du hast dein erstes einfaches Drumpattern. Eine andere Übung ist „Was ist desch? („Was ist das?“ auf Schwyzerdeutsch). Daraus wird WSCHDSCH, ein schöner 4/4-Technobeat.

2. Nun heißt es üben, üben, üben, bis die Sounds sitzen und sich wie eine echte Beatbox anhören. Besonders wichtig ist der richtige Luftdruck. Wenn die ersten Übungen klappen, kannst du mehr Sounds in deinen Rhythmus integrieren: etwa Zungenschnalzer in verschiedenen Variationen. Außerdem hilft es, Vorbilder zu imitieren. Ich habe anfangs zu dem Beatbox-Klassiker „If Your Mother Only Knew“ von Rahzel geübt. Mittlerweile gibt es jüngere BeatboxerInnen, die noch viel krassere Skillz haben. Allerdings solltest du es nicht beim Imitieren belassen: Sonst gilst du als Style Biter, als NachahmerIn – und das ist uncool. Originalität zählt. Ein anderer Klassiker ist das Imitieren eines gescratchten Plattenspielers. Das funktioniert besonders gut auf englische Wörter mit „L“, zum Beispiel bei „Ladies and Gentleman“. Zum scratchen musst du mit einer hohen Stimme quietschen, damit sie sich wie ein hochgepitchter Plattenspieler anhört.

3. Du hast fleißig geübt und deine Mutter sucht verzweifelt nach dem Schlagzeug unter deinem Bett? Dann wird es Zeit, mit deinen Skills an die Öffentlichkeit zu gehen. Bedenke jedoch, dass du nun als EntertainerIn unterwegs bist: Eine reine Beatbox-Show unterhält dein Publikum vielleicht 15 Minuten, für ein abendfüllendes Programm braucht es mehr. Du könntest in eine Loopstation investieren. Das ist ein Sampler, mit dem du live einen Rhythmus aufnehmen und wieder abspielen kannst. So kannst du verschiedene Spuren übereinanderlegen und ganze Tracks zaubern. Vielleicht kannst du auch darüber singen oder rappen. Egal was du kannst, nutze es.

STEFF LA CHEFFE, 23, bekam zum 13. Geburtstag das Album „Things Fall Apart“ von The Roots geschenkt und war gleich so begeistert, dass sie umgehend mit dem Beatboxen und Rappen begann. 2009 gewann die Bernerin den Vizeweltmeistertitel in der Female-Kategorie bei den Weltmeisterschaften in Berlin, im April 2010 folgte ihr Debutalbum „Bittersuessi Pilli“.

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Protokoll: Stefanie Lohaus

Illustration: Janina Böhm

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