Ein bisschen Angst haben kann man schon vor Katzenjammer: Vier Frauen aus Oslo, die sich tollkühn durch die Welt der Musikgenres spielen und ihren Sound selbst als eine Kreuzung aus Rock, Folk, Pop und Bluegrass mit Circus Grooves und Cowboy Music beschreiben. Und das ist noch weit untertrieben. Klar, Genregrenzen sind eh von gestern, aber was Katzenjammer da auf ihrem zweiten Album fabrizieren, hat mit einem gepflegten Stilmix schon lange nichts mehr zu tun. Auf „A Kiss Before You Go“ hat man das Gefühl, vier Musikerinnen mit ADS zu begegnen. Stillsitzen ist nicht, Luftholen schon gar nicht. Katzenjammer galoppieren mit einem unglaublichen Tempo durch die Klaviatur der Klangwelt. Kein Song gleicht dem anderen. Gerade noch bei traditionellen Folk-Klängen, weht schon im nächsten Stück eine raue Prise Rock’n’Roll herüber. Fast könnte man meinen, die Band langweile sich nach drei Minuten selbst über den eben gewählten Sound und müsste nun komplett gegensteuern. Dabei liegen die Stärken von Anne Marit, Marianne, Solveig und Turid eindeutig in beschwingten Sixties-Melodien und im mehrstimmigen Gesang. Hier könnten sie ruhig länger verweilen. Ansonsten eignet sich „A Kiss Before You Go“ aber auch prima zum Instrumente-Raten. Klingt so ein Banjo, ist das eine Maultrommel oder hören wir gerade Kinder beim Topfschlagen? Angeblich 30 Instrumente sollen die Musikerinnen beherrschen. Das klingt beeindruckend, aber ob es all diese für ein gelungenes Album braucht, sei dahingestellt. Immerhin setzen Katzenjammer konsequent ihr Konzept des totalen musikalischen Eklektizismus fort. Das kann beim Hören unterhalten, mit weilen aber auch ganz schön überfordern.

Katzenjammer “A Kiss Before You Go“ / Vertigo Berlin/Universal, VÖ: 09.09.

Text: Felicia Reinstädt